Hochzeit im Regen
Am Schluss regnet es vor schwarzem Hintergrund. Die Hochzeitsgäste kommen, wie zu einer Beerdigung gekleidet, als ahnten sie, dass aus einer fröhlichen Hochzeitsfeier eine Tragödie werden wird. Hier gelingt Dirk Schmeding die stärkste Szene seiner Jenufa. Da wird es ganz eng im der Kehle, wenn Jenufa und Laca gemeinsam das tote Kind begraben.
Vorher gibt es allerlei scheinbar Zusammenhangloses auf der Bühne zu sehen. Zu Beginn eine Art Dorfplatz, auf dem die Birkenwaldtapete abgerissen wird (ein Symbol für heile Dorfidylle?). Da tummeln sich viele Gestalten – die bildungshungrige Jenufa, Laca mit Gitarre und viele Leute – unter ihnen ein Knabe mit einer toten Ziege. Mittendrin sitzt – wie ein Fremdkörper wirkend - die kettenrauchende alte Buryja, Kartoffeln schälend in einem eine Spur zu elegantem schwarzen Kleid. Da kommt unwillkürlich die Frage auf: Was hat die da eigentlich zu suchen? Eine Antwort gibt es darauf nicht.
Im zweiten Akt eine karge Hütte, deren auffälligstes Interieur Wasserkästen sind, die in so vielen Inszenierungen sich eine stetige Präsenz verschafft haben. Hier machen sie insofern Sinn, als die Küsterin deren Inhalt nutzt, um Jenufas Kind zu ertränken.
Insgesamt bringt Schmeding einige vielversprechende Ansätze auf die Bühne, die sich jedoch nicht zu einem Ganzen fügen wollen.
So bleibt die Auslotung der Charaktere weitgehend den Solisten überlassen. Und was die leisten ist einfach phänomenal.
Jana Havranová in der Titelpartie zeichnet die ganze Verletzlichkeit der Seele Jenufas. Ihr tschechisch gesungenes Gebet ist so innig, das unwillkürlich Tränen in die Augen steigen. Ewando Stenzowski lässt seinen Tenor strahlen und zeigt doch auch die ganze Charakterschwäche Stewas. Heiko Börner schreit den ganzen Zorn des immer zurückgesetzten Lacas heraus.
Mit Beifall geradezu überschütter wird Andrea Baker und das völlig zu Recht. Wie sie alle Charakterfacetten der Küsterin mit ihrem satten Mezzosopran auffächert – ganz großartig. Baker scheint in ihrer Rolle förmlich aufzugehen, hadert mit sich und dem Leben und lässt doch ihre große Liebe zu Jenufa immer wieder durchscheinen.
Und auch die kleineren Rollen tragen zu diesem Janacek-Fest bei. Gritt Gnauck mit ihrer (fast zu) schönen Stimme als vermittelnde alte Küsterin, Andreas Jören, wie stets verlässlich als Altgesell, der Richter Claudius Muths ,Anna Werle als Karolka und Franziska Ringe als lernbegieriger Schäferjunge.
Sie alle sind, wie auch der gut aufgelegte Chor Marbod Kaisers wurden sicher getragen vom Symphonischen Orchester unter Lutz Rademacher, der die so unglaublich vielschichtige und differenzierte Partitur Janaceks wunderbar zur Geltung bringt.
Am Ende schwillt der Applaus im Landestheater fast zu einem Orkan an.