Übrigens …

Max und Moritz im Kammeroper Köln

Spaß und Hunger

Will man Wilhelm Buschs Max und Moritz heute auf die Bühne bringen, muss man gewisse Hindernisse überwinden. Vor allem die Erziehungs- und Moralvorstellungen haben sich in den letzten 150 Jahren doch gravierend geändert. Kinder sollen Persönlichkeiten werden und nicht mehr vor allem gehorchen und Ruhe geben. Sarah Cossaboon und Susanne Lichtenberg wirken denn auch auf sympathische Weise selbständig, wie sie mit ihren Rollern über die Bühne der Kammeroper eiern und ihre eigene Streichshow moderieren. Sie sind nicht böse, sie wollen Spaß haben, ihren Hunger stillen und vielleicht auch einfach nur wahrgenommen werden. Die berühmten sieben Streiche strukturieren eine ungemein kurzweilige Musiktheaterstunde. Das junge Publikum ist vollkommen begeistert.

Das liegt auch am witzigen Szenario und sanglichen Text von Holger Pototzki und vor allem an der eingängigen, kohärenten Musik von Esther Hilsberg, die Katharina Hur vom Klavier aus energiegeladen ins Werk setzt. Ästhetische Vorbilder sind eindeutig das Mozart-Ensemble, das Schubert-Lied und das Operetten-Couplet. Dissonante Reibungen sind aber als Stilmittel deutlich zugelassen. Es gibt einen Ausflug in die große Oper – Kathrin Sander darf divig die Habanera singen und wird dann mit den berühmten Maikäfern „beglückt“ – und viele Anspielungen an die populäre Musik des 20. Jahrhunderts. Gleich die ersten Takte etwa erinnern an die Filmmusik von Vom Winde verweht und einige Phrasen aus Led Zeppelins Stairway to Heaven würzen eine Art Requiem auf die toten, vorher sehr lustig singenden und tanzenden Hühner. Die werden von Bariton Andreas Post und Bassist Christian Kaltenhäußer absolut hemmungslos „gegeben“. Post ist auch der sehr satirisch gesehene Lehrer Lämpel mit individuell timbrierter Stimme, Kaltenhäußer ein das Schwulen-Klischee nur elegant streifender Schneider Meck. Wie ihn seine Frau fast sadistisch aufbügelt, eingestandenermaßen zur Freude der Kinder, ist allerdings doch des Kasperltheaters ein wenig zuviel.

Dies ist aber definitiv der einzige Einwand gegen dieses frische, originelle Unterhaltungstheater für junge Menschen. Es bleibt zu wünschen, dass die durch Verlust des Hauses in ihrer Existenz bedrohte Kammeroper, im Sommer nicht ihren Betrieb einstellen muss.