Arabella - gut beleuchtet
Es ist keine politische Arabella, die Tatjana Gürbaca auf die Bühne des Düsseldorfer Opernhauses bringt, keine gegen den Strich gebürstete und erst recht keine provokative, aber dennoch eine, die den Besuch auf jeden Fall lohnt.
Im weißen Bühnenkasten Henrik Ahrs sorgen Drehtüren dafür, dass sich Räume öffnen, Bewegung entstehen und fließen kann. Hier in diesem Einheitsbild entfaltet Gürbaca die Handlung, kommt mit wenigen Requisiten aus und vermittelt trotz bisweilen trubeliger Geschäftigkeit auf der Bühne immer wieder eine ganz große Ruhe. Die lässt Zeit, sich auf die Personen zu konzentrieren. Und so können die Sänger ihre Rollenportraits in teilweise eindrucksvoller Manier entfalten. Ohne viel Schnickschnack sehen wir die magische Anziehungskraft, die Arabella und Mandryka sich schlafwandlerisch ohne Umwege aufeinander zu bewegen lässt. Wir sehen auch die Not der armen Zdenka, deren Gedanken auch im lächerlichen Bärenkostüm ständig darum kreisen, wie sie den geliebten Matteo vorm Selbstmord bewahren kann.
Gürbaca und ihr Team haben sich offensichtlich auch sehr genau mit Hofmannsthals ebenso präzisem wie eindrucksvollem Text beschäftigt. So lässt sich gut herleiten, warum der Faschingsball in einer veritablen Orgie mit kopulierenden heterosexuellen, schwulen und lesbischen Paaren endet, wie man sie seit Dietrich Hilsdorfs wilden Zeiten selten gesehen hat: Mandryka fordert das ja geradezu mit seinem gesungenen Text heraus.
Eine hübsche Idee ist es, die drei testosterongesteuerten Grafen erst als Hengste, dann als Jockeys zu zeichnen; weniger erschließt sich der in Pyjama und Morgenmantel wandelnde Matteo, der sich aber nicht wirklich täuschen lässt von Zdenka, sondern bis zum Ende seine Augen nicht von Arabella lassen kann. Auch vor dem Hauch von Kitsch, der Arabella immer umschwebt, scheuen Gürbaca und ihre Kostümbildnerin Silke Willrett nicht zurück: Das strenge schwarze Kleid der Schlussszene ist in dieser Hinsicht wirklich grenzwertig.
Die entscheidende Rolle spielt die Lichtregie. Wie es Stefan Bollinger gelingt, Stimmungen zu zeichnen, den Gesang zu untermalen, mit Grautönen zu spielen und mit Schattenspielelementen zu arbeiten – das ist einfach großartig.
Cornelia Götz zwitschert sich als Einspringerin mühelos durch die Koloraturen der Fiaker-Milli; Elemer, Dominik und Lamoral (Jussi Myllys, Dmitri Vargin und Günes Gürle) singen ohne Fehl und Tadel – ebenso wie Romana Noack als Kartenaufschlägerin.Eine Luxusbesetzung sind Susan Maclean und Thorsten Grümbel als Arabellas Eltern – sängerisch wie darstellerisch.Corby Welch als Matteo spielt gut, bleibt stimmlich aber gerade in den oberen Lagen eher fahl. Wie Anja-Nina Bahrmann die Zdenka umsetzt ist einfach klasse – herrlich ungelenk in der Hosenrolle und stimmlich alle Sehnsucht, alle Hoffnung perfekt herüberbringend.
Simon Neal hat alle Kraft der Welt für den Mandryka, bleibt aber einiges an Zwischentönen und Weichheit schuldig. Die hat Jacquelyn Wagner in der Titelrolle. Sie ist keine zickige Arabella, sondern von Klarheit und Würde geprägt.
Die Düsseldorfer Symphoniker unter Lukas Beikircher spielen schwungvoll und farbig, lassen aber ein wenig an Tiefgang und Spannung vermissen.