Übrigens …

König Hamed und Prinzessin Sherifa im Gelsenkirchen, Musiktheater im Revier

Rollentausch

Drei Männer spielen Theater. Zunächst ist der eine ein Prinz, der andere ein Freund, der dritte eine Prinzessin. Alle drei erzählen und wechseln zugleich die Rollen. Das Stück, dem sie sich engagiert und mit ironischer Brechung widmen, heißt König Hamed und Prinzessin Shefira, ein altes, weises Märchen aus dem Arabischen. Der libanesische Komponist Zad Moultaka machte aus der Vorlage (Schauspiel von Andrea Gronemeyer von der Mannheimer Jugendbühne „Schnawwl“) ein Musiktheater für Kinder, in dem sich die Kulturen und Traditionen gekonnt mischen. Orientalische Percussion begegnet Gesangskunst und Bläserklang aus Europa.

Das Trio erzählt eine eigentlich grausame, aber durch die darstellerische Turbulenz und die Kommentare gedämpfte Story: Hamed erwischt, als er nach einem langen Krieg nach Hause kommt, die Königin mit einem anderen Mann. Aus Zorn verbannt er alle Frauen und Mädchen aus seinem Land. Endlich nur noch Männerrituale und Fußballgucken… Die Herrenriege strahlt. Die Prinzessin Sherifa aus dem Nachbarreich ist neugierig und lernt Hamed kennen. Als der sie prüft, ob sie denn nun wirklich eine Frau oder doch ein Mann sei, besteht Sherifa den Test blendend. Als der Prinz jedoch die körperliche Nacktheit als entlarvende Wahrheit fordert, springt Sherifa ins Meer und schwimmt mit dem Schiff zurück in ihre Heimat. Und wie endet die Geschichte? Hamed und Sherifa lieben sich, der Landesfürst muss einsehen, dass Frauen genau so wichtig sind wie Männer, und so wird ein Ausgleich des Miteinanders zwischen Mann und Frau hergestellt. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann…

Ein kleines Märchen, gewitzt gesungen und gespielt von einem Countertenor (Thomas Diestler) und zwei „klassischen“ Männerstimmen (Peter Rembold und Philipp Werner). Carsten Kirchmeier, am MiR der Regisseur für den Publikumsnachwuchs, inszeniert auf leerer Bühne, die mitten im Kleinen Haus aufgestellt wird, eine muntere, atemlose Komödie um Schein und Sein. Für kleinere Kinder ist es sicherlich nicht leicht, das ständige abstrakte Wechselspiel um Gute und Böse, um Männlein und Weiblein zu verfolgen. Auch wird einige Konzentration verlangt, denn Kirchmeier verzichtet bis auf wenige Kostümfragmente und Requisiten auf jeden örtlichen Bezug und auf Zuordnung durch Kulissenteile. Und ein wenig mehr an komischen Einfällen (oder auch an orientalischem Zauber?) hätten der Handlung sicher gut getan und sie noch theatralisch aufgewertet.

Die Musik von Zad Moultaka ist ein Gewinn. Sie changiert ständig zwischen den Kulturen. Die neben dem Spiel-Platz sitzenden fünf Musiker sorgen für die sich ständig ändernde Atmophäre, aber der Komponist billigt ihnen auch eigene dramatische Passagen zu. Mal Basar, mal Palast, mal Wüste, mal Harem – die Musik stiftet Originelles und Typisches im Dialog der Märchenstationen. Gesteuert wird der von Percussion angetriebene „Sound“ von der jungen Yura Yang am Dirigentenpult. Ganz schlicht, ganz souverän.

Friedensbotschaft und Klischee-Gefühle, Wut, Rache und Liebe sowie Rollentausch der Geschlechter ergänzen sich zu einer wunderschönen, fast stillen Reise in eine eigene Welt von Theater, Musik und „homo ludens“-Effekten. Zum Schluss freuen sich alle darüber, dass der Alltag wieder so ist, wie er auch früher schon war. Und dass er so bleiben möge…

Das ausverkaufte Kleine Haus verabschiedete alle Beteiligten mit lebhaftem Beifall. Die etwas andere „Märchenoper“ schien in den Herzen der Jugend angekommen zu sein.