Übrigens …

Rinaldo im Dortmund, Oper

Ein Wüstensturm

Wie 2008 in Zürich und in der letzten Spielzeit an der Oper Bonn beweist Jens-Daniel Herzog nun auch „seinem“ Dortmunder Publikum, wie zeitgemäß und spannend Barockopern sein können. Ihm und seinem Team – hervorzuheben ist Choreograf Ramses Sigl – ist mit Händels Rinaldo eine mitreißende Szenenfolge gelungen. Anlässlich der Bonner Premiere berichtete theater:pur hier.

Wie in Bonn sang Kathrin Leidig den Goffredo und Countertenor Jakob Huppmann den Eustazio. Sie bewältigen ihre Partien sehr solide, bleiben aber eher blass. Das mag den Dimensionen des Dortmunder Opernhauses und dessen Akustik geschuldet sein. Schade dennoch, dass ihre Charaktere unscheinbar blieben. Gerardo Garciacano stattet den Argante mit ganz viel Liebenswürdigkeit aus, ein Bruder von Mozarts Osmin – polternd und liebend zugleich. Tamara Weimerich ist eine ganz zarte Almirena, die man am liebsten sofort in die Arme nehmen möchte, um sie zu beschützen. Ihr Lascia ch’io piange wirkt so durchscheinend, als ob der Wind die Trauer mit sich fort trüge. Eleonore Marguerre als Zauberin Almira steigert sich im Verlaufe des Abends deutlich. Beginnt sie im ersten Teil mit einigen sehr unschönen Schärfen, gewinnt ihre Zeichnung einer von Emotionen getriebenen und beherrschten Frau immer mehr an Kontur. Ileana Mateescu in der Titelrolle hat es da zwischen zwei so unterschiedlichen Frauentypen wirklich schwer. Vor allem in den Trauerarien gelingt es ihr aber hervorragend, die trubelige Inszenierung ganz ’runter zu fahren und innige, besinnende Momente zu schaffen.

Star des Abends aber ist sicher das Tanzensemble, das jede einzelne Szene zu einem Hinguck-Erlebnis macht und artistische Körperbeherrschung beweist – ganz großartig.

Motonori Kobayashi hat sich einiger Spezialisten auf dem Gebiet der „historischen Informiertheit“ versichert. Bei wie vielen Barockopern-Inszenierungen mag Andreas Nachtsheim schon mit seiner Theorbe die Continuo-Gruppe bereichert haben? Seine Erfahrung ist hier besonders wichtig. Und dann ist es immer wieder erstaunlich, wie es Musikern aus „ganz normalen“ Sinfonieorchestern gelingt, im Verein mit „Experten“ ganz tolles Barock-Feeling in den Zuschauerraum schwappen zu lassen. Das gelingt trotz einiger Intonationstrübungen auch in Dortmund (Extralob an die Trompeten!). Rinaldo – das wird, wie in Zürich und Bonn, auch in Dortmund für das Publikum Barock-Spaß pur sorgen. Garantiert!