Übrigens …

The Gods Must Be Crazy im Mönchengladbach, Theater

Heiter-frivole Mythologie

Fast alle Opernhäuser engagieren sich in irgendeiner Weise im Bereich Nachwuchspflege und -förderung. Die wohl effektivste Methode besteht in der Einrichtung eines Opernstudios. Hier können sich junge Sänger bei professioneller Betreuung ausprobieren, auch erhalten sie immer wieder Gelegenheit zu Auftritten bei Produktionen des „großen“ Hauses, fallen vielleicht auch mal als mutige Einspringer auf. Eine Besonderheit des Kölner Studios ist, das es seine Sänger nicht zuletzt für die Inszenierungen der fest institutionalisierten Kinderoper zur Verfügung stellt, eine schöne Garantie für kontinuierliche Auftritte. In Krefeld/Mönchengladbach kommt nur hin und wieder eine eigene Produktion heraus. Andererseits ist das Studio gut vernetzt mit der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf sowie der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Jetzt aber gab es so etwas wie einen Paukenschlag. Operndirektor Andreas Wendholz gelang es, den häufiger am Gemeinschaftstheater inszenierenden Kobie van Rensburg (Figaro, Giovanni, Barbiere) für eine Studioproduktion zu gewinnen, bei freundschaftlichen Konditionen.

Der frühere Tenor machte sich sogar die Mühe, seinen jungen KollegInnen ein komplett neues Stück auf den Leib zu schreiben. Eine Wunschäußerung der Studiomitglieder berücksichtigend, etwas im Bereich Alte Musik zu machen, verfasste er ein Opernpasticcio aus der barocken Götterwelt. Die Musik hierfür fand Rensburg bei Henry Purcell und Georg Friedrich Händel, wobei er die Texte der Musiknummern bei Bedarf der erfundenen Handlung von The Gods must be crazy anpasste.

Die in siebzig Minuten ablaufende Geschichte ist sicher nicht spektakulär zu nennen, aber eine nette Variante zu den vielen Barock-Originalen, welche sich nach wie vor und fast allüberall im Aufwind befinden. Erzählt wird einmal mehr von den erotischen Eskapaden Jupiters auf Erden. Diesmal hat er ein Techtelmechtel mit Euromelista, ein Namenskonglomerat aus Europa, Semele, Calistio und Alkmene. Das Mädchen ist wahrlich nicht prüde, für Seitensprünge offen und genießt die Avancen des Gottes. Aber die eifersüchtige Juno bleibt natürlich nicht untätig. Eine Ertränkung der Rivalin im Meer misslingt, trotz Unterstützung durch Neptun. Doch dann hat die Göttergattin eine noch bessere Idee: sie verwandelt eine ihrer Bediensteten in Euromelistas Schwester Hermione, welche dieser einredet, dass sie höchste Wonnen der Liebe erst dann erleben würde, wenn sich ihr Jupiter in seiner wahren Göttergestalt zeige. Das aber bedeutet gemäß einem alten Gesetz den Tod, was Euromelista freilich nicht weiß. Und so insistiert sie auf ihrem Wunsch so lange, bis der Geliebte nachgibt. Als Jupiter jedoch die Intrige seiner Gemahlin durchschaut, opponiert er gegen die alte Verfügung und ruft Euromelista mit Hilfe Apolls wieder ins Leben zurück. Happy End und Schlussgesang.

Diese Geschichte ist hübsch „crazy“ und Anlass für eine neue Spielvariante für Kobie van Rensburgs individuelle Inszenierungsästhetik. Die für ihn typische ausgiebige Nutzung der Videotechnik bekommt nicht zuletzt der kleinen Studiobühne des Mönchengladbacher Theaters gut. Auf der hinteren Projektionswand flimmert und flammt es mit immer neuen Bilderfindungen und Farborgien, teilweise gemischt mit filmischen Liveaufnahmen. Bei Rensburgs Kostümen bekommt das Auge gleichfalls viel zu sehen. Die meist sehr umgangssprachlichen Übertitel (es fällt u.a. das Wort „Niedervolt-Niete“) spielen erheiternd mit.

Der lautstarke Premierenjubel galt freilich auch den Sängern. Dimitra Kalaitzi-Tilikidou beispielweise bietet als Juno/Hermione eine üppig quellende Mezzostimme, Amelie Müller, ausnehmend attraktiv, wartet als liebebereite Euromelista mit rasenden Koloraturen und funkelnden Spitzentönen auf. Der Koreaner Shinyoung Yeo als Euromelistas berserkerhafter Gatte Nondonis verfügt über einen ausladenden, herrischen Bariton. Den umtriebigen Jupiter gibt James Park, auch er koreanischer Abstammung. Er hat viel Chorerfahrung und wird in Bälde bei der Opera St. Moritz in Bellinis Bianca e Fernando (Schweizer Erstaufführung) solistisch mitwirken. Sein samtig weicher Tenor ist edel gefärbt und erklimmt das hohe C mühelos. Sein gutes Aussehen lässt ihn für romantische Figuren prädestiniert erscheinen. Beim Jupiter ist ihm dieser Vorzug allerdings ein wenig im Weg. Die Ironie der zu Beginn projizierten Barockfigur mit Brille gibt seine reale Jünglingserscheinung kaum her, er wirkt wie ein schwärmerischer Romeo. Für sich genommen freilich ein Pluspunkt.

Ein Streichquintett der Niederrheinischen Sinfoniker wird von Yorgos Ziavras geleitet, welcher auch Cembalo und Positiv bedient. Er sorgt für soliden Klanghintergrund.