Porgy and Bess im Philharmonie Köln

Liebe und Lust im schwarzen Süden Amerikas

Es ist eine fast verklärte, eine in sich geschlossene Welt. Die „Weißen“ sind irgendwo da draußen, während in der Catfish Row von Charleston, im tiefsten Süden Amerikas, die „Schwarzen“ eine verschworene Gemeinschaft bilden. So scheint es jedenfalls. Wären da nicht die üblichen Machos und Drogendealer, die ihre eigenen Spielchen spielen, denen vor allem Porgy und Bess ausgeliefert sind. Die leichtsinnige und leicht verführbare Bess (Morenike Fadayomi), die den Männern den Kopf verdreht, bis sie sich, eine erotisch elektrisierende Frau, auf die Liebe einlässt. Auf die Liebe zu Porgy (Kevin Short), den Bettler und Krüppel, der sich nur auf den Knien durchs Leben bewegen kann.

Dass Liebe, auf Mitleid aufgebaut, auf Dauer leicht brüchig werden kann, erleben die Beiden nur allzu bitter. So ist sie, auch wenn sie später zunächst wieder zu Porgy zurückkommt, dem rüden Charme und der körperlichen Kraft des Hafenarbeiters Crown (Darren Storks) einmal mehr verfallen. Und als sie man sie glauben macht, dass ihr Porgy für längere Zeit im Gefängnis landen werde, verfällt sie dem Heroin des Dealers Sportin` Live (Chauncey Packer). Mit ihm macht sie sich dann auch auf ins gelobte Land New York. Nun kokettiert sie wieder, wie zu Beginn der Story, mit und in ihrem roten, sehr verführerisch wirkenden Kleid. Eine schwarze Carmen Amerikas.

Doch Porgy, zurück in seiner Welt, macht sich auf den Weg ins 1.000 Kilometer entfernte Gomorra namens New York. Sein Aufbruch in die ferne Stadt auf dem Rollbrett, mit dem auch das Stück abschließt, ist denn aber doch, bei aller Liebe zu Gershwin und seiner mitreißenden Musik, ein wenig viel des Edelkitsches in der 1935 uraufgeführten „uramerikanischen Oper“.

Gleichwohl bietet die derzeit in Köln vom „New York Harlem Theatre“ – später noch in Hamburg und Frankfurt – präsentierte Inszenierung des Stücks, das als „Meilenstein auf dem Weg zu einem amerikanischen Musiktheater“ gilt, über weite Strecken ein mitreißendes Eintauchen in eine Welt schwarzer Phantastik, unerschütterlichen Glaubens – und tiefen Aberglaubens.

Baayork Lee und sein an die 50 Sänger, Tänzer und Schauspieler umfassendes Ensemble setzt die Akzente von Liebe und Leidenschaft, Sehnsüchte und schwindenden Hoffnungen äußerst liebevoll in Szene. So sind die Liebesszenen und Duette des Titelpaares von oft mitreißender Naivität und Zartheit. Ebenso eindrucksvoll, als Gegenpol, ist die fast bis kurz vor eine Vergewaltigung getriebene Szene, in denen der Kraftprotz Crown (Darren K. Stokes) die Macht des starken, ja brutalen Mannes über die Frau Bild werden lässt.

Wer sich nur auf die Gershwin-Klassiker Summertime, It Ain´t Necessarily So und I Got Plenty O´Nuttin` eingestimmt hatte, wurde freilich nicht nur durch deren mitreißende Präsentation in das Leben der Schwarzen in den 30-er Jahren des letzten Jahrhunderts rund um die Catfish Row gezogen. Dass Gershwin dabei allzu sehr den Aberglauben beschworen und – da streikt des Kritikers Aufnahme- und Akzeptanzfähigkeit - dem Gospelgesang doch übermäßig erlegen ist, lässt zwiespältig zurück. Da kriecht einfach allzu viel religiöser Kitsch auf die Bühne.