Don Giovanni im Oper Bonn

Inszenatorischer Totalreinfall

Wenn man als engagierter Theatergänger in unmittelbarer Folge drei desaströse Inszenierungen erlebt, kann man schon einigermaßen depressiv werden. Solcherart erlebte der Rezensent in Lehárs Graf von Luxemburg in Düsseldorf, Tschechows Iwanow in Köln und jetzt Mozarts Don Giovanni in Bonn. Schon die letzte Produktion der dortigen Oper, Donizettis Lucia, geriet einigermaßen fragwürdig. Jetzt hat sich ein Mann namens Jakob Peters-Messer an Mozarts Don Giovanni herangetraut und bietet drei Stunden lang fatale Inhaltslosigkeit. Dennoch im Premierenbeifall nicht der geringste Anflug von Widerspruch.

Die Bühne (Markus Meyer) hat etwas von einem Zirkus: kreisförmig aufgehängter roter Vorhang, Arenaboden mit (warum nur?) verkohlten Spänen. Dafür scheinen die weitgehend schwarz-weißen, perfekt gebügelten Kostüme direkt aus der Konfektionsabteilung eines großen Kaufhauses zu stammen. Häufig wird der Blick frei gegeben auf ein von oben einsehbares Treppenhaus mit rundem Aufstieg. Messer hat’s nämlich mit „rund“ und dafür im Programmheft sogar den Anflug einer Erklärung parat, die indes nicht wirklich einleuchtet. Dass sich der Titelheld am Schluss eine Komtur-Maske überzieht, führt interpretatorisch zu nichts. Einzig bei Donna Annas Arie „Non mi dir bell'idol mio“, von der schon oft bewährten Sumi Hwang leuchtend schön gesungen, deutet die Körpernähe zum Komtur eine Vaterabhängigkeit an, welche die Beziehung zu Don Ottavio überschattet. Sonst jedoch Regieleere, wohin man auch blickt.

Stephan Zilias „inszeniert“ mit dem Beethoven-Orchester jedenfalls weitaus mehr, sorgt für straffe Tempi, guten instrumentalen Zusammenhalt und markante Klangfarben.

Der griechische Bariton Giorgos Kanaris ist in Bonn sehr beliebt und wird für seinen Giovanni sehr bejubelt. Ein bisschen viel Euphorie für seine fraglos engagierte, aber nicht wirklich überschäumende Leistung. 2005 war er in der Inszenierung des damaligen Intendanten Klaus Weise noch Masetto gewesen. Martin Tzonev wiederholt nun seinen kernigen Leporello und macht auf der Bühne vermutlich vieles im Alleingang. Mit ihrem hellen Mezzo trifft die vielseitige Susanne Blattert den Charakter der Donna Elvira gut. Christian Georg, langsam zu Hauptpartien aufsteigend, konturiert den Ottavio lyrisch und dennoch mit mehr Männlichkeit, als sonst gewohnt. Als Zerlina bietet Kathrin Leidig all ihren Sopran-Charme auf. Der gerade mal 28jährige, superschlanke Daniel Pannermayer ist als Masetto ein echter Sunny Boy.

Am Schluss der Aufführung schneit es übrigens. Man möchte dem Regisseur für diesen freundlichen Weihnachtsgruß unbedingt Dank aussprechen.