Übrigens …

The Rocky Horror Show im Wuppertal, Theater

Rocky - prächtig ausgestattet!

Die Rocky Horror Show ist Kult – und der Connaisseur weiß, womit er sich zu „bewaffnen“ hat, um aus einem gepflegten Opernhaus einen regelrechten (mit Verlaub) Saustall zu machen: Wasserpistole, Reis, Konfetti, Toastbrot, Zeitung und Leuchtstab - nicht zu vergessen: die Rolle Klopapier! Das alles gehört zum Equipment, wenn aus der gruseligen Geschichte rund um das herrlich naive Pärchen Brad Majors und Janet Weiss („ssssss...“), um den finsteren Frank N‘Furter, dessen Adlati Riff-Raff und Magenta und natürlich Rocky ein stürmisches Musical werden soll. So wie bei der Premiere jetzt in Wuppertal!

Regisseur Sebastian Welker verlegt den Musical-Klassiker von Richard O‘Brien in eine Kirche mit barockem Hochaltar. In dessen Zentrum die Darstellung des heiligen Sebastian (und etwas weiter oben das Gesicht von Tim Curry [der Frank N‘Furter aus dem Film…]). Ein solch schöner Raum lässt manch Schönes zu, auch wenn‘s vielleicht nicht immer mit der reinen Lehre der züchtigen Sancta Mater Ecclesia vereinbar zu sein scheint. Aber mit der hat Frank N‘Furter nicht wirklich etwas zu schaffen, wenngleich er eingangs als Mitra tragender geistlicher Würdenträger in die Szene hineinrauscht, gern mal mit seinen Händen an den Ministranten herumfummelnd. Tja, in Sebastian Welkers Inszenierung geht es viel um Lust und Sex und Spaß und Freizügigkeit! Darauf haben eigentlich alle Bock, die da an diesem Abend auf der Bühne herumhüpfen. Zumal Frank N‘Furter mit seinem Retorten-Produkt Rocky ein Geschöpf kreiert, das nun wirklich niemand von der Bettkante stoßen würde. Ein Goldjunge durch und durch! An dem vor allem dies elektrisiert: sein Oversize-Gemächt im (mindestens) XXL-Format, kurz davor, das ihn umhüllende Textil zu sprengen. Wer möchte da nicht mal gern voller Appetit zugreifen… denken sich doch einige derer, die Rockys Geburtsstunde miterleben dürfen.

Welker zieht sein Konzept geradlinig durch. Frank N‘Furter ist nicht Schloss-, sondern Kirchherr, auf den Emporen links und rechts des Altars werden Brad und Janet von ihm nacheinander mit dem wohligen Gefühl sexueller Gelüste und Genüsse beglückt (und wohl auch entjungfert!), was aber nie irgendwie obszön daherkommt. Im Gegenteil: jede und jeder im Publikum weiß zwar, was gemeint ist – auf der Bühne gezeigt wird es aber mit Sensibilität und ohne jedes Moment des Plakativen! Knaller sind natürlich die Strapse, der Lack, die Korsette und die wehenden Gewänder der Geistlichkeit. Auch das unendliche Rammeln und Rummeln des Beichtstuhls, in den sich Doktor N‘Furter und Janet zurückziehen.

Nein, diese Rocky Horror Show ist ein echter Hingucker, ein Highlight! Zumal auch ausnehmend gut gesungen und musiziert wird. Heribert Feckler sorgt mit seiner Combo für elektrisierenden Groove, die DarstellerInnen sind in Höchstform: Andreas Wolfram (der ewige Frank N‘Furter), Christian Schöne (Rocky – sein Name ist Programm!), Dustin Smalles und Johanna Spantzel (als Brad und Janet), Eddy Ebeling (als Eddie), Anke Fiedler und Mark Bowman-Hester (als Magenta und Riff-Raff), auch Mariyama Ebel und Sebastian (Columbia und Dr. Scott), nicht zuletzt Simon Stricker, der als wirklich bedauernswerter Erzähler seinem Mega-Buh-Gewitter des Publikums kaum etwas entgegen zu setzen weiß außer seiner schönen Stimme…

Rocky Horror ist Kult! Und dem darf man ab sofort auch in Wuppertal frönen. Nix wie hin!