Übrigens …

Lazarus im Schauspielhaus Düsseldorf

Die Geschichte eines Lebensmüden

Gut zwei Jahre nach der Uraufführung in New York und dem Tod des Musikers hat David Bowies Musical Lazarus jetzt im Schauspielhaus Düsseldorf eine bejubelte deutschsprachige Erstaufführung gefeiert. Nach Angaben von Generalintendant Wilfried Schulz soll das Stück rund ein Jahr lang im Großen Haus gespielt werden, das für die Inszenierung von Matthias Hartmann trotz seiner renovierungsbedingten Schließung quasi seine eigene „Wiederauferstehung“ feierte.

Im Johannes-Evangelium ist Lazarus ein Mensch, der durch Jesus von den Toten auferweckt wird. Im Lazarus von Bowie wird die Geschichte des Thomas Newton, des außerirdischen Helden, den der Musiker selbst 1976 im Kinofilm Der Mann, der vom Himmel fiel, weiter erzählt. Der Protagonist (etwas steif gespielt und gesungen von Hans Petter Melø Dahl) ist auf der Erde gefangen und sehnt sich - eben wegen seiner Unsterblichkeit - nach dem Tode.

Der ist als Valentine gesanglich und darstellerisch in der gut zweistündigen Inszenierung der absolute Held. Unglaublich, wie Publikumsliebling André Kaczmarczyk diesen schmeichelnden und meuchelnden Tod als schwarzgefiedertes Flatterwesen auf die Bühne bringt. Immer dabei sein scharfes Messer, mit dem er jedweder Liebe den Garaus macht und das, obwohl Valentine Schutzheiliger der Liebenden ist.

Es ist beileibe kein Theaterstück, das da auf der von Volker Hintermeier gestalteten gigantischen Bühne abläuft. Die hat zwei operettenhaft anmutende Metalltreppen, die von einem riesigen Loftzimmer, das mit Bett, einem guten Dutzend Gin-Flaschen und Fernsehapparaten ausgestattet ist, an den Bühnenrändern zu einer Art spitzer Raumkapsel führen. Der Hintergrund besteht aus riesigen Leinwänden, auf die immer hautnah die Darsteller projiziert und für Sekunden „eingefroren“ werden.

Die Handlung ist schlicht. Newton sehnt sich lebensmüde nach dem Tod, ein hübsches junges Mädchen (gefühlvoll gespielt von Lieke Hoppe), will ihm helfen, auf seinen eigenen Planeten zurück zu kommen. Dazu gibt es eine Haushälterin namens Elly (Rosa Enskat), die versucht, sich als Newtons ehemalige Freundin neu zu erfinden, ein grell geschminktes und gestreiftes Damen-Trio als Background-Sängerinnen und ein Liebespaar. Die reichlich gesprochenen Texte dienen in der Düsseldorfer Version von Lazarus zumeist nur als Übergänge zu den Liedern.

Die aber haben es in sich. Angefangen vom Titelsong Lazarus, über Absolute Beginners, Life on Mars, Dirty Boys oder This is not America bis hin zum doch ein bisschen zu pathetisch klingenden Schluss-Song Heroes. Mit dem entschwinden Newton und die namenlose Kindfrau schließlich am Ende in ihrer Rakete in den Bühnenhimmel und im übertragenen Sinne zu Newtons Heimatplaneten.  

Schon der Szenenapplaus nach einigen der Songs konnte sich hören lassen. Der Schlussapplaus jedoch war riesig und wollte mit Standing Ovations bei der Premiere schier kein Ende nehmen. Minutenlang und staccatohaft bedankte sich das Publikum im bis auf den letzten Platz besetzten Theater für die gebotene Show. Die war von David Bowie als „Fiebertraum“ gedacht, betonte der irische Dramatiker Enda Walsh, der das Stück mit dem Musiker gemeinsam erarbeitet hatte.

Was Matthias Hartmann in Düsseldorf auf die Bühne zaubert, ist von einem „Fiebertraum“ zwar noch ein gutes Stück entfernt. Dafür sind es nun mal eben auch keine Musical-Profis, die Lazarus darbieten, sondern - bis auf die Titelfigur - Schauspieler. Aber die gut gemachte Revue mit der grandiosen Live-Band und ihrer kaltromantischen Musik von Bowie, die Bühne und die hervorragenden Darsteller werden im Schauspielhaus Düsseldorf für volles Haus sorgen. Dafür werden sicher nicht nur, aber auch die Bowie-Fans sorgen, die sich auf die unsterblichen Songs ihres Idols freuen können.