Gegen Mozart kommt Salieri nicht an
Schon einmal, in der Spielzeit 2017/18, hat die Oper Köln eine Produktion des Theaters an der Wien in der Kammeroper übernommen, nämlich Florian Leopold Gassmanns Gli Uccellatori. Jetzt bietet auch Antonio Salieris La Scuola de‘ Gelosi (Die Schule der Eifersucht) Heiteres nach Art des 18. Jahrhunderts. Das Werk war zu seiner Zeit äußerst beliebt, was nicht zuletzt Übersetzungen des Librettos von Caterino Mazzolà ins Russische, Polnische und Spanische unterstreichen. Bis 1809 blieb das 1778 uraufgeführte Werk auf den internationalen Bühnen verankert, um dann freilich umso gründlicher vergessen zu werden. Werner Ehrhardt, einstmals Geiger bei Concerto Köln und mittlerweile ausschließlich Dirigent, exhumierte die Partitur und spielte das Werk auf CD ein, unterstützt vom Westdeutschen Rundfunk und Bayer Kultur in Leverkusen, wo 2017 auch eine konzertante Aufführung stattfand. Reaktionen auf die Einspielung wie auch auf die bald danach erfolgte Wiener Inszenierung waren weitgehend positiv, so daß nachvollziehbar ist, daß man die Inszenierung nach Köln übernahm, wo im hoch gelegenen Saal 3 des Staatenhauses stets „besondere“ Aufführungen zu erleben sind. In diesen Rahmen passte nun auch Salieris dramma giocoso.
Die lange Zeit unterstellte Rivalität zwischen Salieri und Mozart (wie vor gut dreißig Jahren in dem Milos-Forman-Film noch einmal aufgegriffen) ist längst als Legende enttarnt worden. Dirigent Riccardo Muti ließ sogar verlauten, dass er Salieri als einen „innovatorischeren“ Komponisten empfinde als Mozart. Das mag vielleicht hinsichtlich formaler Belange gelten, trifft auf das Moment der Inspiration jedoch nicht zu, jedenfalls nicht so pauschal. Da steht Mozart wohl doch allein auf weiter Flur, während Salieri mit fraglos brilliantem Komponierhandwerk beeindruckt, aber hinter Mozarts Höhenflügen weit zurückbleibt. Man erlaube, diese (möglicherweise zu) persönliche Einschätzung ohne weitere Kommentare für sich stehen zu lassen. Zu dem nicht eben enthusiasmierenden Eindruck bei der Kölner Aufführung von La Scuola de‘ Gelosi mag beigetragen haben, dass das klein besetzte Gürzenich-Orchester unter Arnaud Arbet zwar solides Spiel bietet, ohne aber der Musik wirklich belebende Spritzigkeit zukommen zu lassen.
Die Sänger, zum großen Teil aus dem Kölner Opernstudio stammend, reißen (auch darstellerisch) allerdings durch die Bank viel heraus. Dennoch sei erlaubt, ihre Namen lediglich summarisch in der Chronologie des Besetzungszettels zu nennen: William Goforth, Kathrin Zukowski, Alina Wunderlin, Arnheidur Eiriksdóttir und Anton Kuzenok. Matthias Hoffmann, als Diener Lumaca mal wieder bühnenberstend, gehörte vor einigen Jahren auch dem Opernstudio an; Matteo Loi wurde aus Wien übernommen.
Die Handlung von La Scuola de‘ Gelosi erinnert ein wenig an Mozarts Cosi fan tutte, welche freilich später entstand. Alle Personen gehen durch die „Schule der Eifersucht“, um am Ende (wie weit auch immer geläutert und reicher an Erfahrungen) in eine neue, bessere, Partnerschaft zu starten.
Im bei allem dekorativen Charme zunächst etwas pauschal wirkenden Bühnenbild von Christof Cremer lassen bewegliche Wände mit Türdurchlässen in der Mitte überraschende Szenenwechsel zu, die Kostüme wagen teilweise sogar Kalauerndes. Jean Renshaws Inszenierung auch. Die einstige Tänzerin ist um komische, auch überdrehte Wirkungen wahrlich nicht verlegen, tut des Guten aber manchmal zu viel. Und was der das Geschehen (wie schon bei Gassmann) immer wieder durchfurchende Tänzer jenseits seiner teilweise grotesken Präsenz an interpretatorischem Mehrwert bedeutet, erschließt sich nicht. So bleiben bei allem nicht zu leugnenden Unterhaltungswert auch schale Gefühle zurück, wozu die Überlänge des Abends sicher auch beiträgt.