Übrigens …

Die Zauberflöte im Köln, Oper

Echt zauberhaft

Da kommt mit Michael Hampe (85) ein weltweit inszenierender und den theatralen Nachwuchs unterrichtender Regisseur wieder in die Kölner Oper, die er 20 lange Jahre (von 1975 bis 1995) als Intendant zu einer unglaublichen Spitze mit weltweitem Renommee geführt hatte, mit international bekannten Sängern und Dirigenten. Schon ein einsamer Rekord in der Opernwelt. Und nun lobt die Intendantin Dr. Birgit Meyer vorab der Premierenaufführung, dass viele junge, ehemalige Mitglieder des Kölner Opernstudios heute auf der Bühne stünden.

Mit dem großen Michael Hampe? - mag sich mancher der älteren Besucher insgeheim gefragt haben. Ginge das nicht etwas qualifizierter? Wären nicht einige berühmte Sänger angebracht gewesen? Meyer überzeugte dann doch die Premierenbesucher mit einer exzellenten, blendend einstudierten Sängerriege; ein großes Kompliment gebührt hier dem Opernstudio unter der Leitung von Rainer Mühlbach, aus dem bereits viele herausragende Kräfte hervorgegangen sind. Vielleicht hat es Hampe auch besonders viel Spaß gemacht, mal wieder mit jungen Leuten zu proben.

Er hatte in Köln bereits den Fidelio und die Bohème klassisch und recht hausbacken auf die Bühne gebracht, ist in seinen Arbeiten in Köln sich immer selbst treu geblieben, seine Rossini-Inszenierungen waren schon untereinander arg ähnlich. Umso gespannter durfte man auf seine Zauberflöte sein, auch wenn diese nur als „szenische Realisierung nach einer Konzeption von Michael Hampe“ bezeichnet wurde. Corona-Zeiten halt. Jetzt aber verwöhnte er das musikalisch ausgehungerte und Pandemie-reduzierte Kölner Publikum mit einem überaus prächtigen Gesamtkunstwerk, mit einer überaus fabulösen bunten Bühne, mit wunderbar geführten Sängern, die vom Gürzenich-Orchester unter Christoph Geschold, GMD in Leipzig, perfekt getragen wurden.

Nun kann man davon ausgehen, dass der Inhalt der Zauberflöte dem Opernpublikum weitgehend bekannt sein dürfte. Daher war die Erzählung der Geschichte - von Martin Koch zwar charmant vorgetragen - überflüssig, die vor Selbstmitleid strotzenden Hinweise auf die Corona-Einschränkungen „bei 1,5 Metern kann man keine Kinder machen“ eher lästig bis peinlich. Das kennt man doch alles zur Genüge, auch wenn man die Masken auch am Platz auflassen musste - was durchgängig auch befolgt wurde. Fatal an der Produktion ist, dass der weltweit arbeitende Ausstatter Germán Droghetti, oftmaliger Partner von Hampe, während der Produktion an Covid 19 verstorben ist; die Aufführung ist daher zu Recht seinem Andenken gewidmet. Er hatte einen großzügigen Guckkasten geplant, mit kraftvoll bunten, verschiebbaren Wänden, um schnell die Szenen wechseln zu können. Auch die entzückenden, wenn auch klassischen Kostüme stammten von ihm, alles dann realisiert von Darko Petrovic. Dazu kam eine raffinierte Videoproduktion von Feuer, Wasser, Palmen und Wolken durch Thomas Reimer, der auch den Drachen recht realistisch und furchterregend ins Staatenhaus zauberte.

Will sagen: ein sehr hübsches Märchen, bunt und liebreizend, aber recht harmlos - wenn da nicht die exzellente musikalische Seite wäre. Das hoch aufmerksame Orchester - endlich mal in voller Besetzung - hatte über 23 Meter Bühnenbreite viel Platz, die Abstandsregeln einzuhalten; trotz der Entfernung hatte Geschold kaum Probleme, auch die weit entfernt sitzenden Bläser, darunter sogar ventillose Barocktrompeten, mit der Bühne zu synchronisieren; sehr interessant war die Durchhörbarkeit der einzelnen Instrumentengruppen. Der Dirigent hatte wohl sicherheitshalber eher gemäßigte Tempi angeschlagen, die Schönheit von Mozarts Musik kam voll zum Tragen. Die Palme des Abends gebührt Kathrin Zukowski, aus dem Opernstudio direkt ins Ensemble übernommen. Als Pamina glänzt sie in einem bejubelten Rollendebut, mit ihrem glockenreinen, sicheren und flexiblen Sopran war es eine pure Freude sie anzuhören. Neben ihr der klangschöne Matthias Hoffmann als Papageno, ebenfalls ein Rollendebut und ein Spross des Opernstudios. Vor allem nach der Pause gewann er zunehmend an Sicherheit im Spiel und vermied allzu viel Klamauk. Schon eine Idealbesetzung mit einer brillanten Zukunft. Auch Alina Wunderlin stammt aus dem Opernstudio, mit ihrer prachtvollen Singstimme und auch als „Alte“ eindrucksvoll fiepsend war sie das ideale „Weibchen“ Papagena.

Den Sarastro sang Ante Jerkunia mit herrlich profundem Bass, Oliver Zwarg überzeugte als Sprecher und 1. Priester mit sonorer Stimme. Als die drei Damen standen mit Regina Richter, Claudia Rohrbach und Anja Schlosser lang bewährte Kölner Kräfte ihren Mann - nein ihre Frau. Die Glanzpartie der Zauberflöte, die kniffligen Koloraturen der Königin der Nacht, bewältigte Antonia Vesenina sehr achtbar. John Heuzenroeder war Monastos, Young Woo Kim und Sung Jun Cho prächtige Geharnischte. Ein Sonderlob gebührt den drei nicht namentlich genannten Knaben der Chorakademie Dortmund, die silbern-weiß wie Sandmännchen gekleidet auf einem entzückenden Fantasiewagen fuhren. Rustam Samedov hat den Chor hervorragend einstudiert; er kam wegen Corona allerdings vom Band, was aber kaum jemand bemerkt haben dürfte. Nach gut drei Stunden stehender Applaus, besonders für Hampe, der im Foyer anschließend noch dicht belagert wurde.

Das Haus in Köln kann sich glücklich schätzen, endlich wieder richtige Oper zu spielen. Wie weit das derzeit so bleiben kann oder wieder reduziert wird, das wissen weder die Intendantin, noch die Oberbürgermeisterin, sondern nur die Götter.