Übrigens …

The Black Rider - the Casting of the Magic Bullets im Münster, Wolfgang-Borchert-Theater

Liebe, magische Kugeln, Feuerzauber und viel Teufelswerk

Der Himmel meint es gut am Freitagabend über Münsters Hafen; etwas Sonne noch und nur ein laues Lüftchen. Und während an der einen Uferseite augenscheinlich alle Plätze auf der Gastro-Meile besetzt sind, gibt‘s auf der anderen Seite auch Speis‘ und Trank. Die dienen aber nur als Entrée. Denn die Hauptrollen spielen hier schwarze Magie und Teufelswerk.

Meinhard Zanger und das Wolfgang-Borchert-Theater laden nämlich wieder ein zum Open-Air-Spektakel auf dem Hafenbecken. Etwas näher am Ufer haben dieses Mal die schwimmenden Pontons, aus denen die Bühne besteht, geankert. Umso genauer ist deren Schwanken zu sehen. Ein gefährlicher Untergrund für jemanden, der ins Straucheln gerät und den „Weg der Tugend“ verlässt.

Und das ist ja gerade das Thema von Tom Waits‘ The Black Rider. Hier wird die Geschichte vom Schreiber Wilhelm erzählt, der Jäger werden muss, um sein Käthchen zu bekommen. Und weil es nicht so richtig klappt mit dem Schießen, lässt er sich auf einen riskanten Deal mit dem Teufel ein. Klingelt es da irgendwo? Na klar: Der Freischütz ist hier das Thema, aber nicht voller Schauerromantik und Naturschilderungen, sondern witzig und frech illustriert von Waits‘ bösen Liedern. Das Ende ist aber dann doch gleich: Mit dem Teufel gibt es eben kein Happy-End.

Meinhard Zanger setzt in seiner Inszenierung vor allem auf Zu- und Überspitzung. Seine Protagonist*innen changieren gekonnt zwischen purem Slapstick, Commedia dell‘arte-Elementen und feinsinnigen Weißclown-Anklängen. So halten sie die Spannung und sorgen stetig für Überraschungen. Darko Petrovic hat schon bewiesen, dass er „Seebühnen“ entwickeln kann und sorgt auch dieses Mal, sorgt auf begrenztem Raum für viel Abwechslung - auch was Auf- und Abgangsmöglichkeiten angeht. Und - das wird mit dem Hinübergleiten in die Dämmerung immer wichtiger - schafft genügend Schlote, aus denen die „Höllenfeuer“ aufflammen können. Das ist aber nicht genug des Augenschmauses: Olga Lageda schafft Kostüme, die von Lodengrün über Lodendunkelgrün bis zum teuflischen Schwarz-Rot reichen. Ein Knaller sind die schwarzen Hirsche mit Zielscheiben, die dem armen Wilhelm als „Übungsziele“ dienen. Schüler*innen des Gymnasiums Paulinum trippeln zierlich durch den Wald.  Aber es wird nicht nur zierlich getrippelt, sondern auch richtig anständig getanzt. Dafür sorgt - trotz beengten Raums -  als  Choreograf Vinicius.

Viel zu schauen also, aber auch ganz viel Gutes zu hören. Ivana Langmajer als Teufelin bewegt sich  katzengleich, lässt ihre Stimme gurrend locken und finster drohen. Florian Bender ist ein schüchterner Wilhelm - aufrichtig liebend. Rosana Cleves Käthchen zittert geradezu vor Brautglück. Während Jürgen Lorenzen als Brautvater mit fester Stimme Tradition einfordert, wirbt Iris Boss als seine Frau schmeichelnd für die Liebenden. Mit Koketterie in der Stimme gibt Erika Jell die Brautjungfer und Gregor Eckert viril den Robert. Ein „richtiger“ Sänger hat sich dann doch ins Ensemble gemogelt: Jonas Böhm mischt sich mit Grandezza unter das Ensemble

Aber aufgemerkt: Der Gesang ist immer nur so gut wie die Musik. Und die ist einfach klasse: Die Brilliant Borchert Bullets Band unter Jürgen Knautz und Manfred Sasse schießt mit einer super Performance hier wirklich den Vogel ab - singende Säge inklusive!

Meinhard Zangers The Black Rider ist sicher nicht hintergründig und rabenschwarz. Aber einfach eine wirklich gute Show, die einen Run auf den Mittelhafen verdient hat. Und danach ist sicher auch noch das eine oder an Getränk drin. Aber nicht zu viele - sonst lugt der Teufel doch um die Ecke!