Übrigens …

Die lustigen Weiber von Windsor im Wuppertal, Theater

Schottenritter im Wäschecontainer

Gibt es einen schöneren Mondenschein in der Musik als den von Otto Nicolai? Die Atmosphäre, die er im dritten Akt seiner Oper Die lustigen Weiber von Windsor zaubert und bereits in der Ouvertüre anklingen lässt, ist so stimmungsvoll romantisch, dass Regisseurin Anja Kühnhold offenbar keinen szenischen Kontrapunkt setzen wollte. In ihrer Inszenierung für die Oper Wuppertal senkten sich die Sterne über die nachtblaue Szenerie von Ausstatterin Anna Sophia Blersch, und die ließ den märchenhaft gewandeten Chor mit hübschen Lampions hereinschleichen. Wie hübsch.

Die große Schlussszene, in der der Möchtegern-Verführer Sir John Falstaff genarrt wird und gleichzeitig die junge Anna ihre Eltern bei der Wahl des Bräutigams austrickst, ist gewissermaßen Fluchtpunkt einer Produktion, die nur mit wenigen ironischen Akzenten aufwartet. So werden zu Beginn die britische Fuchsjagd und der Pelzhandel karikiert, und Annas junger Bewunderer Fenton darf als Protestierer an der Gegenwart andocken. Der berühmte Wäschekorb, in dem Falstaff versteckt wird, ist zudem ein blitzblanker Container. Ansonsten aber herrscht eine komödiantische Stimmung, wie man sie noch aus Zeiten kennt, als im Fernsehen Sendungen wie „Erkennen Sie die Melodie“ liefen. Und in denen dieses Stück ungleich größere Popularität besaß als heute.

Gewiss, die Musik des Schumann-Zeitgenossen Otto Nicolai ist schon eine Klasse für sich. Die Handlung seiner Shakespeare-Oper vollzieht sich vorwiegend in raffinierten Ensembles, geben den Sängern zugleich fabelhafte Möglichkeiten. Die nutzt in Wuppertal vor allem Sopranistin Margaux de Valensart in der Rolle der von Falstaff heftig begehrten Frau Fluth, verbindet sie doch lyrischen Wohlklang mit Virtuosität und Brillanz. Überhaupt trumpft das Ensemble glanzvoll auf, das gilt besonders für Sangmin Jeon als Tenor-Verführer, dessen Strahlkraft selbst den bunten Pullover, der ihn etwas deftig-ironisch charakterisiert, vergessen macht. Und der Finne Erik Rousi muss sich zwar „als Büblein klein an der Mutterbrust“ um die tiefsten Basstöne etwas bemühen, ist aber insgesamt ein auch vokal imposanter dicker Ritter im Schottenrock. Dirigent Johannes Witt, der in den Tempi flexibel agiert auch in den großen Chorszenen souverän die Kontrolle bewahrt, scheint es überdies zu genießen, dass er dank Übertitelung sein Sinfonieorchester Wuppertal nicht für die Textverständlichkeit zurücknehmen muss, sondern facettenreich tönen lassen kann.

Eine runde Sache also, aber definitiv mit einem Retro-Charme, der sich wenig um Fragen schert wie die Dominanz der Ehemänner oder der Eltern gegenüber ihrer verliebten Tochter. Auch die Leiden, die dem armen Falstaff am Ende zugefügt werden, kommen allzu putzig daher: Da ließe sich Vieles szenisch schärfer zeichnen. Womöglich ist dafür aber die andere Falstaff-Oper das bessere Stück, nämlich Verdis gleichnamiges Spätwerk. So bleiben Nicolais Weiber in Wuppertal ein knapp dreistündiger hübscher Abend mit teils überaus stimmungsvoller Musik.