Geld und Liebe
Adinas Laden läuft wie geschmiert: In ihrem Waschsalon wird Geld gewaschen und verliert bei 30° den Geruch seiner nicht so ganz astreinen Herkunft. Das lässt die Polizei aufhorchen und Adinas Salon zum Gegenstand einer Hausdurchsuchung werden. Ein Krimi auf der Bühne? Nein, denn Amor mit seinen Pfeilen mischt sich ein, schiebt den Geldwäsche-Verdacht an den Rand und wird handlungsbestimmend. Denn nicht nur der virile Polizist Belcore hat mehr als ein Auge auf Adina geworfen, auch der schüchterne Nemorino, der seinen kranken Onkel pflegt, verehrt die Frau zutiefst, wird aber immer wieder abgewiesen, weil er zu sanftmütig ist. Um Bewegung in diesen Liebesreigen zu bringen, bedarf es schon kräftiger Unterstützung. Die naht in Gestalt von Dulcamara - ein Paradiesvogel vom Shopping-Kanal. Der scheut sich nicht, Nemorino einen billigen Roten als Liebestrank zu verkaufen. Der stärkt das Selbstbewusstsein. Und so kommt es zum Happy-End, das umso süßer ausfällt, als Nemorino mittlerweile viel geerbt hat. Da nützen auch Belcores Intrigen nichts.
So erzählt Regisseurin Anna Weber Gaetano Donizettis Der Liebestrank in bunten poppigen Kostümen. Die Jungs und Mädels auf der Bühne sind immer in Bewegung, voller Energie - bloß kein Stillstand. Dabei fällt auf, dass Weber stets die Übersicht behält und auch Gruppen von Personen sinnvoll zu arrangieren weiß. Eine schwungvolle Liebesgeschichte mit einem Hauch von „Saturday Night Fever“ und „Grease“. Der Liebestrank gibt das her. Augenzwinkernd wird auf Tristan und Isolde angespielt (für den sich in Münster im November der Premierenvorhang heben wird). Doch statt Tragik und Tod à la Wagner feiert Donizetti das Spiel der Liebe und ihre Leichtigkeit. Und Anna Weber und ihr Team feiern kräftig mit. Das tun sie völlig unverkrampft und gerade deshalb entsteht ein Abend, der einfach nur Spaß macht. Auch das darf, nein muss Theater können. Anja Weber stellt das mit ihrem Liebestrank unter Beweis.
Das Ensemble hat Freude daran. Anton Tremmels Chor ist darstellerisch und stimmlich gut disponiert dabei. Kihoon Yoo als Dulcamara ist ein echtes Verkaufstalent. Das flitternde Äußere verleiht ihm Autorität, die von seiner sonoren Stimme unterstrichen wird. Den vor Kraft nur so strotzenden Polizisten Belcore singt Johan Hyunbong Choi überzeugend, klar und sicher in seinen Willensäußerungen. Garrie Davislim überzeugt als Nemorino vor allem in den ruhigen, besinnlichen Momenten. Hier kann er die Qualität seiner feinen Stimme ausspielen, die eindringlich um Adina wirbt. Robyn Allegra Parton beherrscht die Partie der vielfach Umworbenen, zeigt Zeichen dafür, dass sie das Zepter des Handelns selbst in der Hand behalten möchte.
Henning Ehlert und das Sinfonieorchester lassen die Höhepunkte in Donizettis Partitur funkeln und setzen den Rahmen beim sehr erfolgreichen Saisonstart des Musiktheaters Münster. Wenn der Sekt der Theatergastronomie nicht so teuer wäre, könnte man glatt auf einen luftig-leichten Abend anstoßen.