Treppauf, treppab im Mönchengladbach, Theater

Konfusionen allerorten

Alan Ayckbourn, 1939 in London geboren, war ursprünglich Schauspieler, ehe er zu einem der populärsten Gegenwartsdramatiker Großbritanniens wurde. Viele seiner über 70 Stücke wurden in mehrere Sprachen übersetzt und sind durch zahlreiche Aufführungen bekannt geworden. Ayckbourn entstammt der englischen „middle class“. Und genau über Menschen aus dieser sozialen Schicht schreibt er mit scharfer Beobachtungsgabe. Er lebt in Scarborough, einem Seebad im ländlichen Yorkshire und leitet dort das Stephen Joseph Theatre. Hier wurde „Treppauf Treppab“ („Taking Steps“) 1979 uraufgeführt.
In dieser Farce – für Ayckbourn bedeutet dies, dass das Publikum vom Wahrscheinlichen zum höchst Unwahrscheinlichen geleitet wird – lernen wir nur Menschen kennen, die auf den ersten Blick brave Bürger sind. Hinter dieser Anständigkeit lauert jedoch mancher Abgrund.
Da ist Roland, ein erfolgreicher Eimer-Fabrikant, der zu gern und zu oft heftig trinkt. Er will ein marodes Haus von einem in Finanznöten steckenden, windigen Bauunternehmer kaufen. Unterstützen soll ihn dabei ein junger, zappeliger Anwalt, Tristram, der keinen ganzen Satz herausbringt. Rolands Frau Lizzie war einmal ein kleines Licht beim Fernsehballett, fühlt sich aber als verkannte Künstlerin und möchte schon nach kurzer Zeit Ehe und Heim entfliehen. Ihr Bruder Mark, bei dem alle einschlafen, wenn er nur den Mund aufmacht, hat Probleme mit seiner Verlobten Kitty. Auch sie will sich von ihm trennen. Diese sechs Personen treffen in unterschiedlichsten Konstellationen aufeinander.
Ayckbourn, der detaillierte Regieanweisungen in seine Texte einfügt, hat in diesem Stück dem Bühnenbild eine weitere Hauptrolle zugewiesen. Dachkammer, Wohnzimmer und Schlafzimmer sowie sämtliche Treppen in der Villa liegen auf einer Bühnenebene, die Handlung läuft oft simultan in den verschiedenen Bereichen des Hauses ab. Im Rheydter Stadttheater führen die Treppen im Hintergrund der Bühne also nicht wirklich hoch bzw. hinunter. Die Akteure betreten die Spielfläche einfach durch eine der sieben Türen und markieren das Treppensteigen nur. Hierbei vermittelt sich der Eindruck verschiedener Etagen jedoch nur mühsam. Es ergeben sich allerdings allerlei komödiantische Effekte, wenn die Protagonisten oft nur wenige Meter voneinander entfernt sind und sich doch nicht bemerken. Absurde Verwechslungen, slapstickartige Nummern, klischeehaft überspitzte Darstellungen der Charaktere und ein solides Ensemble lassen den Abend zum Publikumserfolg werden. Adrian Linke ist der Fleisch gewordene verklemmte Spießer, dessen Lebenstraum ein eigener Anglerladen ist und der sich seinen Misserfolg bei Kitty (unauffällig: Helen Wendt) nicht erklären kann. Marianne Kittel gibt die Möchtegern-Diva Lizzie exaltiert-zickig, während Bruno Winzen  als cooler Geschäftsmann Roland überzeugt. Christopher Wintgens spielt den Bauunternehmer im Altrockerlook mit langen Haaren und Lederjacke. Zweifellos verdient Paul Steinbach als unsicherer Anwalt Tristram besonderes Lob, gewinnt er doch im Laufe des Abends zunehmend an Präsenz und vermittelt den einzigen Hauch echter zwischenmenschlicher Beziehungen, wenn er gen Ende bei Kitty seine Unsicherheit ablegt.
Alle sind „Loser“, unglückliche Menschen „und wollen ausbrechen“, so Regisseur Meierjohann. „Jeder hat seinen Traum – und man lacht, weil jeder diese Situation wieder erkennt“.
Walter Meierjohann, der seit 2007 zur Leitung des Young Vic Theatres in London gehört, studierte Regie an der Ernst-Busch-Hochschule und inszenierte u.a. in Jena, Dresden und Mainz. Er schätzt an „Treppauf Treppab“, „dass man die Szenen wunderbar überdrehen und dann wieder zur Ernsthaftigkeit wechseln“ kann.
Das Publikum in Mönchengladbach verfolgte den Abend mit viel Vergnügen und goutierte so manchen eher altbackenen Gag – so der Scherz mit dem Wasserbett, aus dem man so wunderbar hinausfallen kann – höchst amüsiert.