Übrigens …

Richard III im Schauspielhaus Düsseldorf

Ein durchtriebener Dreckskerl

Die Bühne ist ein großer schwarzer Kasten und erinnert an einen Seminarraum. Mit weißer Kreide sind die Stammbäume der verfeindeten Königsgeschlechter York und Lancester aufgezeichnet. Vor den Wänden stehen dreißig unterschiedliche Stühle. Hierauf verteilen sich zehn Schauspieler. Mit Bügelrock, Hemd und Weste sehen sie aus wie brave Studierende. Nur der Darsteller des Richard ist gammeliger, schmieriger gekleidet. Seine Mitspieler mögen ihn nicht, begrüßen ihn mit Hundegebell.

In dem 1593 uraufgeführten Stück schuf Shakespeare einen der größten Schurken der Weltliteratur. Der hässliche, bucklige Richard will unbedingt König werden. Dazu bekennt er sich und so handelt er. Brüder, Ehefrauen, Neffen und ehemalige Vertraute lässt er über die Klinge springen. Und dafür sucht er sogar, in direkter Ansprache, die Sympathie des Publikums. In der Übersetzung von Thomas Brasch klingt das so: "Da ich den Liebhaber nicht spielen kann, die Tage mit Geschwätz mir kürzend so, hab ich beschlossen, hier den Dreckskerl aufzuführen".

Viele große Regisseure haben das blutrünstige Werk als Parabel auf politische Macht gedeutet. Intendant Staffan Valdemar Holm belässt es auf der Probebühne. Er interpretiert nicht und inszeniert ohne Illusionsbemühen. Außer den Stühlen gibt es kein Mobiliar und als Requisiten reichen Kreidestücke. Damit werden die Namen der Ermordeten durchgestrichen. Das hilft beim Überblick über das weit verzweigte Geschehen und die Mehrfachbesetzungen. Die Schauspieler, allzeit auf der Bühne, spielen Situationen meist nur kurz an und setzen sich dann wieder. Der ständige Ebenenwechsel zwischen „Wir studieren den Bösewicht“ und „Wir steigen in die Rollen ein“ erweist sich als schwere Bürde. Was locker, lässig, improvisiert rüberkommen will, wirkt oft bemüht. In mehrfacher Wiederholung verlieren ironisierte Mordhandlungen an Komik und wird gebrüllte Wut- und Trauer-Hysterie schlicht nervig. Die beste Figur macht Rainer Galke als Richard. Den durchtriebenen Dreckskerl mit Zug zum Galgenhumor nimmt man ihm ab. Doch auch sein Spiel bleibt im Theater kleben. Assoziationen zum Politischen, Gesellschaftlichen werden nicht riskiert. Der Abend verliert sich im inhaltsleeren Raum.