Weltuntergänge im Münster, Wolfgang-Borchert-Theater

Mit Erdnüssen in die Ewigkeit

Marc Beckers Weltuntergänge erzählen von Endzeitfantasien, vor allem aber von mehr oder weniger geheimen Ängsten, unter denen die Protagonisten des Autors leiden. Und die zeigen sich in den beiden Teilen des Stückes in völlig unterschiedlichen Ausprägungen. Zuerst werden uns die potentiellen Loser gezeigt. Das ist Andy, völlig verunsichert - und das besonders in seinem Verhältnis zu Frauen. Immerhin schafft es sein Freund Johann ihn zu überreden, in einer Kneipe Nadja seine Mailadresse zu geben. Und nach gut acht Wochen: Nadja schreibt ihm eine Mail! Lädt ihn letztendlich zu sich nach Hause ein. Doch statt eine heiße Liebesnacht zu erleben, wird Andy mit Nadjas übersteigerten Ängsten konfrontiert. Die traut sich nämlich seit Wochen nicht mehr aus der Wohnung, weil sie Angst vor Anschlägen auf ihr Leben hat. Irgendwann kommt Andy die Situation komisch vor und als Nadja ihm noch eine Gasmaske aufdrängen will, möchte er nur noch fort. Doch es ist zu spät: Andy ist bald tot...

Im zweiten Teil erleben wir den coolen Johann, den wir schon aus Andys vorangegangenen Erzählungen kennen. Er und seine Geliebte Johanna wollen die perfekte Beziehung bis in die Ewigkeit hinein erhalten. Und dies, weil beide trotz ihres vorgeblich doch so smarten Auftretens unter erheblichen Selbstzweifeln leiden. Die wollen sie wegwischen mit einem Selbstmord, den alle spüren sollen, einem gewaltigen Giftgasanschlag. Am Ende überlebt nur das vermeintlich schwächste Glied der Kette: Nadja, die auf ihre Ängste gehört hat und sich mit einer Gasmaske schützen konnte.

Ein reizvolles Konstrukt Beckers, mit dem Regisseurin Tanja Weidner bis zum Schluss spielt: Wenn am Ende Nadja mit einem Augenzwinkern und locker die Gasmaske schwingend sich als Überlebende präsentiert, ist das reizvoll und entlockt dem Publikum ein letztes Glucksen. Schön auch die Erdnüsse: Als sichtbares Zeichen ihrer Unsicherheit sind alle Figuren nach Erdnüssen süchtig. Wer könnte das nicht nachvollziehen. Und dennoch hat gerade der zweite Teils erhebliche Längen. Obwohl Ausstatter Stefan Bleidorn die Selbstmordinszenierung mit schicken Einkaufstüten perfekt in Szene setzt, kommt hier doch ein wenig Überdruss auf, denn die Figuren Johann und Johanna produzieren, bevor sie sich zu Bachscher Musik in die Ewigkeit befördern, weitgehend hohles Geplauder - und das viel zu lange.

Alle Akteure geben ihr Bestes: Florian Bender als so unsicherer, scheinbar schwanzgesteuerter Andy, Sven Heiß und Sabrina von der Sielhorst als typisches Double-Income–no-Kids-Paar Johann und Johanna, vor allem Saskia Boden als komplexbehaftete Nadja überzeugen. Dennoch dehnt sich der Abend, weil er mit zuviel City-Talk versehen ist.