Männerbeziehung, in die Jahre gekommen
Das Stück handelt von drei Personen, zwei stehen leibhaftig auf der Bühne, einer kurz vor der Pause unsichtbar draußen vor der Tür. Er heißt Sacha, ist Requisiteur am Theater und macht mit seinem Body Männer wild. Eine bestimmte Spezies von Männern, um genau zu sein. Und diese bildeten bei der Premiere von Sascha denn auch erkennbar einen großen Teil des Publikums.
Bei Martina Nowatzky und Ulrich Sandau heißt das Protagonistenpaar Arno Herbert Pflanz und Benedikt Wolff. Ben nennt seinen Arno übrigens gerne „Pflänzchen“. Der ist Schauspieler, wäre gerne Mephisto und Hamlet, kommt aber über Kleinstrollen (Ochse im Weihnachtsmärchen) nicht hinaus. Ben ist Florist, aber einer für Seidenblumen, weil er unter Heuschnupfen leidet. In seinem Laden nun taucht der knackige Sascha auf, um einschlägiges Dekomaterial für eine Inszenierung von Kálmáns Csárdásfürstin zu besorgen. Ben verfällt dem Schnuckel auf Anhieb. Auch Arno fühlt sich über den Haufen gerannt, klaut Sascha ein Buch, um es ihm - wann, wo, wie auch immer - zurückzugeben.
Das könnte, wie sich herausstellt, sogar noch an diesem Abend geschehen, wo die beiden bei Sauerbraten und Kerzenschein ihr zwanzigjähriges Beisammensein romantisch feiern wollen. Ein „Vertrauensquiz“ mit „20 Päckchen der Erinnerung“ würde zum Ritual gehören. Aber sie werden eben nicht alleine sein, denn Ben, der Schussel, hat - emotional paralysiert - ohne Überlegung Sascha eingeladen, ausgerechnet an diesem „Gedenk“tag. Arno ist perplex, kocht vor Eifersucht, Ben wenig später auch, als er merkt, dass nicht nur er in Sascha verknallt ist. Der kommt kurze Zeit später tatsächlich. Für das Publikum bleibt er aber, wie schon gesagt, unsichtbar draußen vor der Tür.
Nach der Pause sieht man Arno und Ben in der von Seidenblumen übersäten Wohnung auf ihrer Gartenschaukel sitzen. Sie machen sich Vorhaltungen über das, was in der letzten Stunde so alles passiert ist. Wirklich passiert ist? Nun ja, gewollt wurde zumindest alles. Aber Sascha, den die beiden umschwirrt haben wie Motten das Licht, hatte keinen echten Bock auf die beiden faltig gewordenen, von midlife crises gebeutelten Männer. Die Einladung betrachtete er nur als Vorstufe für eine große, geile Party. Arno und Ben kommen langsam wieder zurück auf den Teppich ihrer Existenz, werden wieder zärtlich miteinander. Aber der nächste Streit, der nächste Flirt und die damit verbundene Eifersucht wird sicher nicht lange auf sich warten lassen.
Das Muster des Stückes ähnelt dem der Komödie Unter der Treppe von Charles Dyer, die vielen sicher auch durch den Film mit Rex Harrison und Richard Burton bekannt sein dürfte. Dyer wird am Schluss durchaus ernst, lässt spüren, was lang gelebte Zweisamkeit an Tiefenbindung schaffen kann... Man sollte auch nicht vergessen, dass 1966 Vorurteile und Anfeindungen gegen Homosexuelle entschieden größer waren als heute. Wenn die Autoren von Sascha das Thema etwas leichter angehen, ist das nachzuvollziehen und durchaus in Ordnung. Aber „Theater am Dom“ im „Horizont“ - das sollte dennoch eher die Ausnahme bleiben. Freilich: Nowatzky/Sandau haben viele Dialogpointen in petto, echte verbale Knaller. An denen dürfen sich Martin-M. Vogel und Andreas Strigl richtig austoben, was die beiden auch mit Leidenschaft tun. Vogel darf sich sogar transvestitisch im Nana-Mouskouri-Outfit präsentieren. Regisseur Alexander von Janitzky sorgt für flottes, zirzensisches Tempo, beweist Raumfantasie. Dass er Beethovens „Sechste“ und „Fünfte“ als Hintergrundmusik gewählt hat, dürfte ironische Absicht sein. Volles Haus und Riesenerfolg; sogar Zwischenbeifall.