Übrigens …

Don Juan im Paderborn

Don Juan im Nebel

Nein, leicht macht es diese Aufführung einem nicht, darüber zu schreiben. Auch wenn die gezeigten Gefühle klar zum Ausdruck kommen und das Ensemble seine Sache sehr gut macht.

Der Don Juan des „Kutaisi Youth Theatre“ aus Georgien bedient sich ausschließlich der Sprache der Bewegung, was durchaus seinen Reiz hat. Die Handlung indes kann streckenweise nur interpretiert werden und lässt zu Beginn geschlagene fünf Minuten auf sich warten. Zunächst einmal simuliert eine riesige Nebelwolke, untermalt von entsprechenden Lauten aus dem Off, das Einfahren eines Zuges. Die vier Darsteller der Performance (drei Männer, eine Frau) erschaffen inmitten dieser Geräuschkulisse das karge Bühnenbild: eine Art großer Paravent, der den Akteuren als Auftritts- und Abgangsmöglichkeit dient. Dann wird das eigentliche Spiel aufgenommen. Der von sich überzeugte Don Juan, ein irdischer Dionysos, der es versteht, das Leben zu genießen, tut das, was er am besten kann: eine Frau umgarnen. Wie ein eitler Pfau stolziert der Bohemien über das Parkett, sich und seinem Narzissmus treu ergeben. Die holden Weiblichkeiten sind seine Trophäen, nichts weiter. Liebe steht bei ihm nicht zur Debatte. Doch muss der Schönling erkennen, dass diejenige, um die er buhlt, ihr Herz an einen anderen Mann verschenkt hat. Diesem gibt sie sich im Tanz hin, mal temperamentvoll, dann lasziv, schließlich voll zärtlicher Leidenschaft.

Diese geschmeidige Passage mit wunderbar fließenden Bewegungen offenbart die exzellente Körperbeherrschung der Akteure, welche durch adäquate Musik unterstrichen wird. Von der physischen Ausdruckskraft der Beteiligten zeugen auch die simulierten Fortbewegungen zu Pferd, zu Wasser, in der Kutsche – all das geschieht ohne Requisit oder Hilfsmittel. Doch ein Happy End ist nicht vorgesehen. Am Schluss stehen sich Don Juan und sein Rivale im unversöhnlichen Degenkampf gegenüber. Die temperamentvolle Einlage endet für den Titelhelden tödlich, was in eine amüsante zweiminütige Sterbeszene mündet.

Waren bis dahin auch vorher schon einige Stellen nicht für jedermann klar interpretierbar (zum Beispiel, warum Don Juans Knappe sich von seinem Herrn abwendet), so wirft die Inszenierung jetzt erst recht Fragen auf. Warum freut sich der Sieger des Duells nicht über den Tod seines Widersachers, wo er die Geliebte doch nun für sich allein hat? Und wieso steht der eben verblichene Protagonist wieder auf und zieht seinen Kontrahenten hinter den Vorhang? Und dann… ja, dann wird das Bühnenbild abgebaut, und der Zug fährt (akustisch) davon. Zurück bleiben einige starke Impressionen, aber eben auch eine gewisse Unklarheit über das eben Gesehene. Diese Zweifel werden auch durch das Lesen der Inhaltsangabe nicht gemildert. Trotzdem sehenswert, das zumindest ist keine Frage.