Monsieur Chasse oder Wie man Hasen jagt im Mülheim, Theater an der Ruhr

Es regnet

Einhundertfünf Minuten lang prasselt der Regen gegen die Bühnenbild-Fenster im Theater an der Ruhr. Bei solch einem Sauwetter würde man keinen Hund auf die Straße jagen. Doch in der Farce Monsieur Chasse oder wie man Hasen jagt zieht es ausgerechnet den Hausherrn Duchotel hinaus aus der gemütlichen Wohnung, fort von seiner Ehefrau Léontine. Die hat ihm sogar noch die Schrotpatronen gestopft, glaubt sie doch daran, dass ihr Gatte zusammen mit Freund Cassagne auf die Jagd nach Hasen oder Kaninchen gehen will.

Reichlich viele Regentropfen später kommt Cassagne mit einem weißen Kaninchen unterm Regenmantel herein und offenbart Léontine, dass er nie mit Duchotel zum Jagen war. Der Hausarzt Moricet (Steffen Reuber), der sich in Léontine (Petra von der Beek) verguckt hat und sie zu einem Seitensprung überreden will, nutzt die Gunst der Stunde und betont, dass auch Duchotel vermutlich nie auf der Jagd gewesen ist. Zur Begründung fügt er an, dass es unmöglich sein könne, dass ein Jäger Hasen und Kaninchen an ein und demselbem Jagdplatz finden und erlegen könnte.

Beide Tiere hatte Duchotel (Albert Bork) allerdings mitgebracht, woraufhin der Arzt lapidar meint: „Dann hat er in der Metzgerei gejagt.“ Léontine will nun - von der Untreue ihres Mannes überzeugt - mit Moricet eine Nacht verbringen. Ausgerechnet in dem Haus, in dem ihr Gatte sich mit der Geliebten trifft. Derweil regnet es nach wie vor gegen die Bühnenscheiben, aus dem Off dringen Gewehrschüsse, Hundemeuten heulen aufs Schrecklichste und in der Nachbarwohnung scheint mindestens ein Werwolf sein Unwesen zu treiben.

Léontine widersteht den Zudringlichkeiten von Moricet. Just als ein Polizist erscheint, der die Frau von Cassagne (Rupert J. Seidl) bei ihrem Ehebruch überraschen soll. Der Kommissar trägt übrigens einen Rattenschwanz, die Vermieterin der Etablissements ein kleines Hirschgeweih (auf dem Kopf). Letzteres soll vermutlich verdeutlichen, dass hier, wo früher Prostituierte tätig waren, nun Ehemänner mit den Ehefrauen anderer Männer zugange sind und denen Hörner aufsetzen.

Sex sieht man nicht auf der zumeist dunklen Bühne von Gralf-Edzard Habben, nicht einmal angedeutete Zärtlichkeiten. Vielmehr kommt der Seitensprung ehr unterkühlt, gelangweilt daher. Ebenso wie die Sprache. Ein bisschen Wortwitz aus der Originalfassung von Georges Feydeau findet sich in der Inszenierung von Roberto Ciulli noch, ansonsten setzt der Regisseur eher auf gelangweilte Dialoge von Personen, denen Liebe, Zuneigung und Leidenschaft schon lange abhanden gekommen sind und die miteinander eher geschäftsmäßig verkehren.

Das trägt die knapp zweistündige Inszenierung allerdings nicht. Irgendwann stellt sich auch beim Zuschauer Langeweile ein. Das Prasseln des Regens auf die Bühnenfenster tut das Seinige dazu - und dann noch die ewig gleichtönenden und schließlich nervenden Klavierklänge. Am Ende ist man froh, dass der Abend überstanden ist. Aber beim Rezensenten hat der Abend immerhin eines bewirkt: Er hat einen unbändigen Appetit auf Hase oder Kaninchen bekommen und überlegt sich für dieses Gericht schon eine richtig gute Farce.