Aufstand der Frauen
Woher stammt das Wort „Wolkenkuckucksheim“, woher die Redewendung „Eulen nach Athen tragen“? Aus den Vögeln des Aristophanes. Goethe hat das Stück bearbeitet, angezogen von einem Dichter, der ihm selbst „Niedriges“ bekömmlich zu machen verstand. In jüngerer Zeit gab Peter Hacks dem Frieden ein verändertes Gesicht und löste dadurch neues Interesse an griechischen Dramen aus. Anders als seine Kollegen Aischylos, Euripides und Sophokles war Aristophanes ein Satiriker und Komödienautor, dessen Witz selbst der Operette noch als tauglich galt (Linckes Lysistrata). Die Tragödienschreiber verspottete Aristophanes immer wieder, was ihm sogar mal eine Beleidigungsklage eintrug. Auf der Bühne hatte er (von einigen Durchfällen abgesehen) jedoch stets enormen Erfolg und das Publikum auf seiner Seite.
Die Weibervolksversammlung (ca. 392 v. Chr.) hat Kostas Papakostopoulos, Leiter des Deutsch Griechischen Theaters (gegründet 1990) schon einmal in Köln inszeniert, vor 23 Jahren. Zuvor war er Mitarbeiter von Dimiter Gotscheff am Schauspielhaus sowie Frank Castorf an der Berliner Volksbühne gewesen. Das DGT verfügt über keine eigene Spielstätte, sondern kooperiert mit anderen Bühnen, wie jetzt das Theater im Bauturm. Der Premierenerfolg war immens und ähnlich euphorisch wie zuletzt bei Oscar Wildes Bunbury. Dem Haus in der Aachener Straße gönnt man den Erfolg, zumal im Jahr seines 30jährigen Bestehens. Allerdings sollte die Lachstrecke nicht noch weiter ausgedehnt werden.
Wie schon in Lysistrata übernehmen in der Weibervolksversammlung die Frauen das Regiment, drängen die erfolgs- und kriegsgeilen, ansonsten jedoch faulen Männer in die Defensive und erkämpfen sich mutig und in hinterlistiger Verkleidung (mit viel Witz von Ulrike Mitschke entworfen) die Positionen des stärkeren Geschlechts. Der Einsatz für Gleichberechtigung, allgemeinen Besitz und freie Liebe macht als Sieg über das überhebliche Männervolk Wirkung, der den Kommunismus antizipierenden Ideologie muss man jedoch mit einiger Skepsis begegnen. Den Amazonen geht es irgendwann halt doch nicht mehr ausschließlich um das Gemeinwohl, sondern um den gesteigerten Gewinn an sexueller Lust. Vor allem die alten Weiber, bislang links liegen gelassen, möchten nicht länger zu kurz gekommen. Wie sich Annika Weitershagen, Vassilis Nalbantis und Elisabeth Pleß (herrlich outriert kostümiert) um einen leckeren Jüngling mit überdimensionalem Penis (Gerald Liebenow) balgen, ist eine urkomische Szene. Die virtuose Inszenierung verfängt sich in solche Wirkungen allerdings derart, dass das kritische Potential der Komödie zu kurz kommt.
Alle Darsteller füllen die Bühne jedoch kraftvoll aus. Die Anführerin auf den Barrikaden (Praxagora) gibt Lisa Sophie Kusz eifernd, aber auch mit einem gehörigen Schuss an Ironie. Ihren Gatten Blepyros stattet Stefan Kleinert mit anmaßender, grotesker Hohlköpfigkeit aus. Sein Kumpan Chremes (Thomas Franke) gibt sich weniger angeberisch und aufgedonnert. Wenn er sich tränenreich von seinem schäbigen Besitz trennt, um ihn der Allgemeinheit zu spenden, hat man mit den untergebutterten Herren der Schöpfung fast sogar etwas Mitleid. Und Mitleid gilt auch einer Entwicklung, die kaum zur der besten aller Welten führen dürfte. In diese skeptische Richtung hätte die Regie ruhig ein wenig zielen dürfen.