Übrigens …

Peer Gynt im Köln, Theater am Sachsenring

Weltendrama à trois

Wenn man sich bei Ibsens Peer Gynt alleine das über 20köpfige Personarium vor Augen führt, möchte man glauben, das kleine Theater am Sachenring sei die denkbar ungeeignetste Bühne für dieses mythendurchwehte Läuterungsdrama, welches den Titelhelden nichts weniger als um die halbe Welt abenteuern lässt. Doch im Kürzen liegt das Würzen, dachte sich vermutlich Hausherr Joe Knipp. Mit zwei Stunden dauert die Aufführung zwar ein wenig länger als die aktuelle Dortmunder Produktion (von Dietmar Zimmermann auf theater:pur besprochen), ist aber um die Hälfte knapper als die Düsseldorfer vom Februar. Außerdem schickt Knipp nur drei Darsteller auf die schwarze Bühne, die von Holzkisten gerade mal etwas modelliert wird. Dafür greift Hannelore Honnen als Kostümbildnerin für TaS-Verhältnisse in die Vollen. Ihre Kleidungen, welche auch für schnelle Wechsel taugen müssen, geben dem dunklen, in seiner prallen Lebensfülle aber auch wieder lichtdurchwirktem „dramatischen Gedicht“ markante Farbtupfer. Mit ihnen schillert auch die Fantasie des schillernden Titelhelden.

Seine Züge sind in vielen märchenhaften Gestalten vorgeprägt, wie sie die norwegische Literatur und Sagenwelt umfänglich bereit hält. Doch den ewigen Fantasten, notorischen Lügner und Glückssucher kann man auch als ganz moderne Figur auffassen, wobei dann nur die Welt der Trolle angemessen zu deuten wäre. Am Sachensing reichen die Kostüme aus, um diesen Unterweltdämonen ein angemessenes Gesicht zu geben. Sie sorgen auch für eine leicht folkloristische Aura.

Der eigentliche Kunstgriff der Regie besteht darin, die vielen Figuren um Peer auf lediglich zwei Schauspielerinnen einzudampfen. Es soll die darstellerische Bandbreite von Signe Zurmühlen nicht schmälern, wenn der jungen Jennifer Silke, die gerade erst ihre Ausbildung abgeschlossen hat, besondere Wandlungsfähigkeit attestiert wird. Sie gibt sowohl Aase, Peers Mutter, als auch Solveig, jenes Mädchen, in dem der Weltenwanderer zuletzt sein wirkliches Kaiserreich erkennt. Richard Hucke ist sicher kein jugendlicher Heißsporn mehr, macht Elan und Entflammtheit Peers aber dennoch glaubhaft.

Joe Knipp arbeitet bevorzugt mit knappen Bildern, teilweise sogar in filmschnittartiger Kürze. Das macht es freilich manchmal etwas schwierig dem Handlungsverlauf zu folgen. Aber die Inszenierung baut sich immer wieder suggestiv auf und behält eine starke Spannung bis zum Schluss. Besonders berührend geraten die Szene von Aases Tod  und das Finale. Hier findet ein kraftvoll und oft auch rücksichtslos Suchender endlich zu sich selber. Ob es aber ein ewiger Friede ist?

Düsseldorf entschied sich für eine moderne Übersetzung des Ibsen-Dramas von Angela Gundlach, Joe Knipp wählte die Vers-Version von Christian Morgenstern (1901). Das gibt der Aufführung eine poetische Färbung.