Kartenspiele – Hearts, der zweite Teil einer Tetralogie
Der kanadische Regisseur Robert Lepage ist berühmt dafür, dass er sein Publikum mit wenigen, aber umso effektiveren Mitteln bezaubern kann. Bei seinem neuesten Projekt Playing Cards steht das Kartenspiel motivgebend im Zentrum. 2012 kam der erste Teil „Spades“ zur Uraufführung bei der Ruhrtriennale, dieses Jahr nun Hearts als zweiter Abend. Recherchen zu den Wurzeln des Kartenspiels führen immer in die arabische Welt, so auch in Hearts.
Typisch für Lepage und seine Kompanie mit dem sprechenden Namen Ex Machina ist der theatralische Effekt, der ein staunendes Publikum verblüfft und entzückt. Im Salzlager Essen finden sich die Zuschauer rund um eine Plattform wieder. Rund wie ein Kartenspieltisch. Unter der Spielfläche gibt es eine zweite Ebene, aus der Requisiten auftauchen und wo sie verschwinden. Ebenso wie Darsteller in häufig wechselnden Kostümen. Verschiedene Beleuchtungen schaffen schnell bestimmte Stimmungen. Sieben Schauspieler und Schauspielerinnen schlüpfen in alle Rollen, oft in raschem Wechsel.
In Hearts steht der französische Magier Robert Houdin im Mittelpunkt, der im 19. Jahrhundert mechanische Automaten baute, die sein Publikum in Paris begeisterten. Die französische Regierung schickte ihn nach Algerien, um die aufständischen Rebellen, allen voran die einheimischen Zauberer, die das Volk gegen die Kolonialmacht aufstachelten, mit seiner „magischen Waffe“ zu beeindrucken. Ein weiterer Erzählstrang führt uns in die Gegenwart. Wir lernen einen jungen nordafrikanischen Taxifahrer in Quebec kennen, der in die Heimat fährt, um dort seinen Großvater, einen Widerstandskämpfer im Algerienkrieg, zu suchen.
Durch schnell wechselnde Szenen werden Verbindungen zwischen unterschiedlichen Zeitebenen, zwischen Kolonialismus, Migration und Weltpolitik hergestellt. Und natürlich gibt es eine komplizierte Liebesgeschichte.
Man kann sich den zum Teil märchenhaft wirkenden Bildern nicht entziehen, so dem einer Gondolfiere oder der Szene in der Wüste, wo es zum Duell zwischen Houdin und einem der Marabous kommt. Fast atemlos verfolgt man die technisch hervorragend realisierte Inszenierung, die einen häufig an eine Filmvorführung denken lässt. Auf einzelne Darsteller, ihre Schauspielkunst und die Entwicklung eines Charakters auf der Bühne kommt es an diesem Abend nicht an, der mehr eine flirrende Zaubershow mit vielen spannenden Momenten bietet.
Dennoch ein sehenswerter Exkurs in eine andere Theaterwelt, der auf die nächste Folge, „Diamonds“ neugierig macht.