Hase Hase im Bochum, Schauspielhaus

Weil Gott nicht überall sein konnte, schuf er die Mutter

Coline Serreau, geboren 1947, studierte Literatur, Musikwissenschaften und Orgel, ferner absolvierte sie eine Schauspielausbildung. 1986 spielte Coline Serreau die Rolle der Mama in ihrem ersten Theaterstück Lapin Lapin (Hase Hase) in der Inszenierung von Benno Besson am Théatre de la cité in Paris.

Zum Inhalt: Familie Hase lebt ein geregeltes und bescheidenes Leben in einer kleinen französischen Wohnung. Drei Kinder sind schon aus dem Haus. Der Älteste, Bébert, und der Jüngste, Hase, wohnen noch bei den Eltern. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten hat die Familie mit den Herausforderungen des täglichen Lebens zu kämpfen. Man arrangiert sich mit der prekären Situation, in der das Geld knapp ist und schon mal der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht, bemüht, die bürgerliche Fassade aufrecht zu erhalten. Doch der gewohnte Alltag endet jäh, als die restlichen Kinder auf einmal auf der Matte stehen. Der mittlere Bruder, Jeannot, wird von der Polizei gesucht, eine Schwester will sich scheiden lassen, die andere sagt auf dem Standesamt im entscheidenden Moment „Nein“. Die Nachbarin Madame Duperri fühlt sich einsam und bittet um Aufnahme in die inzwischen schon arg überfüllte Wohnung der Hases. Mutter Hases Krisenmanagement ist gefragt. Aber auch sie ist kurz davor, die Nerven zu verlieren, als ihr Mann arbeitslos wird, Bébert sich als Widerstandskämpfer outet und der Jüngste, der in Wirklichkeit ein Außerirdischer ist, vom Gymnasium fliegt. Obwohl sie noch zuvor behauptet hat: „Ich bin die Mama, die einkaufen geht, und die Mama hat immer für alles eine Lösung“.

Hase Hase ist eine anarchistische Komödie mit Science fiction-Elementen, die jedoch durchaus ernsthaft die Frage nach einem lebenswerten gemeinsamen Leben stellt. In den 90er Jahren war sie eines der meist gespielten und erfolgreichsten Stücke an deutschen Theatern.

Barbara Hauck hat Hase Hase jetzt an den Bochumer Kammerspielen inszeniert – nach einem Konzept des ursprünglich vorgesehenen, aber erkrankten Regisseurs Malte C. Lachmann.

Der Vorhang hebt sich und wir sehen auf eine kahle Guckkastenbühne, in deren Mitte Bébert (Nicola Mastroberadini) sitzt und liest. Vater Hase (Bernd Rademacher, in karierter Hose und Strickjacke) kommt von der Arbeit heim, Mutter Hase (Cornelia Kempers, ganz in Rot/Orange gekleidet) schleppt zwei dicke Einkaufstaschen, natürlich auch rot, herbei. Im Laufe des Abends häuft sich ein Chaos auf der engen Bühne an. So werden u.a. Matratzen für zusätzliche Wohnungsbewohner ausgelegt, die Nachbarin stellt ihre antiken Sessel unter, um sie vor dem Zugriff des Gerichtsvollziehers zu bewahren. Raum wird knapp, die Stimmung heizt sich auf. Man beschimpft sich, man prügelt auf einander ein, die einst scheinbar heile Welt bricht zusammen (Vater. „Es ist völlig versaut, dieses Leben“).

Vor lauter Aktionismus des Ensembles gehen die kritischen politischen Töne des Textes meist unter. Viele Gags amüsieren jedoch, die Schauspieler glänzen durch gekonnte Körperarbeit und gut getaktetes Zusammenspiel. Damir Avdic glänzt als pfiffiger Hase Hase, der als Alien eingeschleust wurde, um den Wert der Menschheit zu erkunden. Viel Beifall auch für Cornelia Kempers als resolute, fürsorgliche Mutter Hase.
Der Abend schließt – zur Freude des Publikums - mit den bekannten Klängen von „Oh Champs elysée“.