Übrigens …

Ein Mann, zwei Chefs im Theater Münster

Ein Feuerwerk der Komik

Der arme Francis: unterbezahlt und ständig hungrig, braucht er dringend einen Zweitjob. Den findet der Leibwächter auch. Was er nicht weiß ist, dass sein erster Arbeitgeber in Wirklichkeit dessen als Mann verkleidete Zwillingsschwester ist. Die wiederum sucht ihren Liebhaber Stanley, der ihren Bruder ermordet hat und auf der Flucht ist. Und natürlich wird Stanley Francis’ zweiter Arbeitgeber. Und keiner darf vom anderen etwas wissen. Wenn es dann doch um Geld geht, Schulden eingetrieben werden sollen, ist das Durcheinander perfekt. Noch mehr Chaos gibt es, wenn ein egomaner Schauspielschüler – von Florian Steffens mit meisterhaft entfalteter sinnentleerter Tiefsinnigkeit gespielt – dazukommt. Er wird begleitet von Julia Stefanie Möller als Pauline, die nicht so dumm und blond ist, wie sie tut. Ergänzt wird das Figurentableau von Marc Oliver Bögel als Kleinkrimellen Charlie, der chronisch pleite ist und nicht davor zurückschreckt, seine Tochter zu verhökern. Dann sind da noch Frank-Peter Dettmann als der schmierige Anwalt mit Hang zum Latein und Alfie, sechsundachtzig mit Herzschrittmacher, der sich als Hilfskellner verdingt. Ronny Miersch gibt den alten Mann mit zirzensischer Körperbeherrschung. Aurel Bereuter ist Knastbruder und Oberkellner in einem und die köstliche Carola von Seckendorff die abgebrühte Dolly, die sich am Ende die Hauptfigur schnappt.

Kompliziert, undurchschaubar? Ach wo. Richard Bean transferiert Goldonis Diener zweier Herren ins Großbritannien der 1960er Jahre. Und bei ihm ist der Plot absolute Nebensache. Er entwickelt aus der Ausgangssituation einfach immer wieder neue, urkomische Szenen. Und so muss Ein Mann, zwei Chefs einfach ein Renner werden. Zumal dann, wenn mit Regisseur Christian Brey sich jemand dieses Stückes annimmt, der sich voll auf den Stoff einlässt. Wie das gesamte Ensemble sprüht auch das Regieteam vor Spaß am Spaß – manchmal sinn- und schmerzfrei. Und so toben sie alle durch Anette Hachmanns wunderbare schwarz-weiße Bühne, die mit Treppen durchsetzt ist, über die man so wundervoll stolzieren, balancieren, rennen kann - und natürlich stolpern, fallen und wieder aufstehen. Die Bühne ist übersät mit Quadraten, Kreisen und Wellenlinien als Symbole für die immer wirrer werdenden Gedankengänge des Personals. Und ein ganz großes Plus des Stücks ist der wunderbare deutsche Text Peter und John von Düffels, der mit der Sprache ganz toll spielt und ebenso toll umgesetzt wird. Und es rattert und qualmt im Gehirn ganz enorm, wenn es in die Pause geht: Diese Mischung aus Sprachwitz, Akrobatik, derber Komik, britischem Witz und Running Gags lässt niemanden kalt.

Dann allerdings – und das ist der einzige Wermutstropfen, nein ein Wermutströpfchen im perlenden Champagnerglas - verliert das Stück ein wenig an Drive. Aber spätestens zum allumfassenden Happy End sind alle, Ensemble und Publikum gleichermaßen, wieder rundum glücklich.

Zusammengehalten werden die Szenen durch die Skiffle-Band von Jürgen Knautz, zu der sich immer wieder Schauspieler gesellen. Das passt toll ins Geschehen. Ein besonders Lob an die Damen für ihr Terzett!

Maike Jüttendonk als Schwester, die ihren Bruder mimt, kann mit Klischees vom Rollenverhalten spielen und tut dies als Mann und Frau mit einer so sanften, manchmal traurigen Verlorenheit, die gleichzeitig rührt und zum brüllenden Lachen animiert.

Im Mittelpunkt Maximilian Scheidt: ewig hungrig, faul und zum Verstellen getrieben ist er der unnachahmliche Motor dieses Stücks. Atemlos und fremdbestimmt hetzt er sich ab. Sein irisches Alter Ego Paddy ist einfach der Bringer – und man gönnt es ihm so, dass er am Ende satt ist und die Frau für’s Leben gefunden hat!

Seine Szene mit dem schweren Koffer schauen Sie sich bitte selbst an!