Übrigens …

[Fi’LO:TAS] im Bochum, Schauspielhaus

Helden verschiedener Art

In den Bochumer Kammerspielen kam Fi’LO:TAS zur Aufführung, eine Wiederaufnahme der zwölf Jahre alten Produktion – Regie: Roger Vontobel. Diese nach wie vor aktuelle Inszenierung entstand in Zusammenarbeit mit der Schauspielerin Jan Schulz, mit der Vontobel seitdem eine enge Arbeitsbeziehung verbindet. Geht es doch um Fragen wie: wofür lohnt es ich zu kämpfen? Wofür gar zu sterben? Was macht den Sinn des Lebens aus?
Vontobel verknüpfte zwei Texte zum Thema. Zum einen Lessings Patriotismusdrama, das den Sohn des Königs, Philotas, der in die Schlacht zog und gefangen genommen wurde, Selbstmord begehen lässt, um als solcher Held seinem Vater den Weg zum Sieg ohne demütigende Verhandlungen seinetwegen zu ebnen. Zum anderen ist da die Geschichte des Amerikaners John Walker Lindh, der 2001 im Alter von 20 Jahren in Afghanistan von US-Truppen in Kriegsgefangenschaft genommen wurde. Dieser Vorfall erregte viel Aufsehen. Wie konnte ein nach liberalen westlichen Werten erzogener junger Mann sich zum Islam und zum religiösen Fanatismus bekennen?

Jana Schulz spielt diese Doppelfigur auf die ihr eigene direkte, sehr physische Art. In einem Monolog von fast 60 Minuten fasziniert sie als fanatisch und verzweifelt nach einem Sinn des Lebens Suchende. „Wir wollen fragen, wie sich eine Figur verhält, die durch die eigentlich positiven Attribute des Liberalismus den Sinn-Inhalt der sie umgebenden Welt nicht mehr erkennt, nicht mehr versteht“, so Vontobel.

Das Bühnenbild ist minimalistisch. Ein helles, mit Sand bedecktes Viereck, ein Stuhl, eine Projektionsfläche im Hintergrund. Schulz, eine schmale Person in einer Art Kampfanzug, vermittelt höchst intensiv das Wechselbad der Gefühle: Verzweiflung und grauenvolle Erinnerungen an Kriegsgreuel wechseln ab mit scheinbar sinnlosen Überlegungen zur richtigen Zahnpflege (und das mitten in der Wüste). Ein Versuch vielleicht, sich einer gewissen Normalität zu nähern. Toneinspielungen wie ein schmalziger Song („we believe in happy endings“), das patriotische Bekenntnis zu Amerika (pledge to the flag), die Ansage „either you are with us or you are with the terrorists“ oder die Parolen der muslimischen Taliban zum Kampf gegen die Ungläubigen setzen Akzente.

Sowohl Philotas wie auch John Walker Lindh sind gefangen in einem Konflikt. Wir erleben hautnah mit, wie schmerzhaft dieser Kampf mit sich selbst, diese Suche nach Idealen ist.
Ein faszinierender Abend mit einer exzellenten Schauspielerin.