Das Gartenhaus im Oberhausen, Theater

Hörspiel im Herbstlaub

Thomas Hürlimann, einer der bekanntesten Schweizer Schriftsteller der Gegenwart, schreibt Erzählungen, Theaterstücke und Romane. Mit seiner 1989 erschienenen Novelle Das Gartenhaus gelang ihm der literarische Durchbruch.

Stefanie Carp schuf eine auf vier Personen reduzierte Bühnenfassung des Gartenhauses, die unter der Regie ihres Bruders, Peter Carp, zuerst in Winterthur, dann in Oberhausen zur Aufführung kam.

Das Gartenhaus erzählt die Geschichte eines alten Ehepaares, das eine Villa am See bewohnt. Sie stammt aus einer wohlhabenden Fabrikantenfamilie, er war Oberst in der Schweizer Armee. Kennen gelernt haben sie sich in einem Kriegslazarett, in dem sie als Anästhesieschwester arbeitete. Es war Liebe auf den ersten Blick.
Das Stück konzentriert sich auf den unterschiedlichen Umgang der beiden mit dem großen Verlust durch den Tod ihres jüngsten Sohnes, der schon von Geburt an kränkelte. „Sie verarbeiten das auf sehr unterschiedliche Weise, entfernen sich sehr weit voneinander, um am Ende doch wieder zueinander zurück zu finden. Insofern ist es auch eine Art Liebesgeschichte“, so Peter Carp.

Margot Gödrös, eine bekannte Schweizer Schauspielerin, und Hartmut Stanke, der Doyen des Oberhauseners Theaters, spielen das alte Paar. Carps Inszenierung setzt – nach der Spielvorlage – primär auf diese beiden großartigen Schauspieler. Susanne Burkhard als Tochter Zizi und Klaus Zwick als ihr Mann geraten da mehr zu Nebenfiguren.

Es beginnt mit einem Streit um die Gestaltung des Grabes. Er möchte einen Rosenstrauch als „Symbol für das früh verblühte Leben“ pflanzen. Sie, Lucienne, besteht auf einem Granitstein – und setzt sich damit durch. Der tägliche gemeinsame Gang zum Friedhof wird zur Routine, bis der Oberst eines Tages dort eine halb verhungerte Katze entdeckt. Fast mit militärischer Präzision legt er Fleischvorratslager für das Tier an. Sein ganzes Denken kreist um die Katze, die er auf jeden Fall am Leben erhalten möchte. Lucienne ist zutiefst geschockt, als sie herausfindet, dass ihr Mann täglich zum Grab des Sohnes geht, um eine Katze zu füttern. Sie beschließt, das Tier zu vergiften. Dazu kommt es aber nicht.

Die Bühne ist von Anfang an bedeckt mit Herbstlaub. Holzparavants, Rückseiten von Schränken, große Fensterrahmen – alles mobile, leicht zu verschiebende Elemente – erlauben ein variables Bühnenbild-. Mal Friedhof, dann Innenraum der Villa, dann wieder der Park. Wir hören nicht nur Lucienne und dem Oberst bei ihren Gesprächen zu. In der dramatisierten Fassung von Stefanie Carp verschränken sich Dialog und innerer Monolog. Die Zeitebenen verschwimmen. Rückblenden lassen die Vergangenheit aufscheinen. Längere Erzählpassagen, in denen die Schauspieler von sich selbst in der dritten Person sprechen und so die Assoziation eines Hörspiels beschwören, und viele Wiederholungen verlangsamen das Tempo des Abends, ermüden den Zuhörer. Manche Formulierungen wie „Dann über Nacht klappt der Frühling auf wie ein Fächer“ sind bestechend schön. Auch die Geschichte dieses Paares, das letztendlich wieder zueinander findet, ist bewegend. Dabei mindert jedoch die ständige Einspielung von Musik verschiedenster Art den Erfolg der Darstellungskunst von Gödrös und Stanke. Schade.