Rockende Gedanken
Da ist der Regisseurin Monika Gintersdorfer, der Ausstatterin Christin Vahl und den drei fantastischen Darstellern Hauke Heumann, Franck Edmond Yao und Eric Parfait Francis Taregue etwas gelungen, was es eigentlich gar nicht gibt: packendes und unterhaltsames Diskurstheater.
Als Ausgangspunkt könnte – hat wohl nicht – ein fatalistisch klamaukiger Songrefrain des großen österreichischen Kabarettisten Josef Hader gedient haben: „So ist das Leben, der eine kommt nach Paris, der andere kommt nicht nach Paris – wie das Leben halt so iis!“
Franck Edmond Yao ist von der Elfenbeinküste. Er erzählt vom Beginn des Großen Abenteuers. Wie einer weg wollte, weg musste und schließlich weg kam. Nach Paris. Mit dem Flugzeug, nicht mit dem Boot. Er erzählt französisch. Hauke Heumann übersetzt. Eric Parfait Francis Taregue spielt Schlagzeug und Mundharmonika. Sie singen und tanzen. Jeder nach seiner Zeit. Monika Gintersdorefers bilaterales, transkulturelles Theater, ist eine so eigenwillige wie entschlossene Form, wenn nicht der Völker- so doch der Menschenverständigung, der Bewusstmachung und Annahme von Fremdheit.
Und das rockt! Weil alles wichtig ist. Weil der Zuschauer, während er zusieht, mitdenkt, bewertet, Vorurteile in sich findet. Weil diese auf der Bühne vorgelebte Suche nach einer, wohl ursprünglich durch den restriktiven Kolonialismus verloren gegangenen Identität Relevanz beansprucht wie wenig auf unseren heutigen Bühnen. Und weil es Spaß macht. Ganz einfach.
Christin Vahl hat einen Kubus in die Kammer des Theaters Aachen gestellt, der in unzählige bunte Styroporvierecke zerfällt, die immer wieder andere Landschaften andeuten. Die Schauspieler machen eigentlich gar nichts Spektakuläres. Sie geben politische Statements ab, stellen Fragen, machen schräge, fast hinterhältige Späße, zeichnen Entwicklungen nach und sind dabei entspannt, unheimlich nah beieinander, platzen fast vor positiver Energie. Partir l’Aventure ist ein großer, kleiner Abend über Identität, Immigration und Integration, über Boote, Zäune und Flugzeuge, über liebenswerte Menschen. Die Vorstellung unterhält, ist phasenweise ansteckend fröhlich und macht doch sehr nachdenklich. Wann leistet Theater das schon mal?