Übrigens …

Ein Sommernachtstraum im Bochum, Schauspielhaus

„Bei Shakespeare ist die Plötzlichkeit der Liebe immer überwältigend“. (Jan Kott)

Ein Sommernachtstraum (A Midsummer Night’s Dream) wurde 1600 erstmals gedruckt. Entstanden dürfte das Stück schon um 1595/96 sein. Es gilt als erster Höhepunkt innerhalb von Shakespeares Komödienschaffen.

Sommernachtstollheit, „midsummer-madness“, wie sie am Johannisabend (24.Juni) die Londoner ergriff, beherrscht in dieser Komödie die Menschen ebenso wie die Natur. Elfen, Adlige, Handwerker werden von phantastischen Liebesträumen verwirrt. Sie irren in Nacht und Wald umher, einander suchend und fliehend, liebend und hassend, sich selbst und einander mehr und mehr verlierend, bis sich letztlich die Verworrenheit löst und alle feindliche Verzauberung aufgehoben wird.

Der Herzog von Athen, Theseus, bereitet seine Hochzeit mit der besiegten Amazonenkönigin Hippolyta vor. Dieses Hochzeitsfest bildet den Rahmen und den zentralen Zielpunkt für alle Handlungsstränge. Soll doch an diesem Tag Hermias Schicksal entschieden werden, die sich nicht dem Willen ihres Vaters fügen und der Liebe zu Lysander abschwören will. Eine Gruppe Handwerker probt das Stück „Pyramus und Thisbe“, um es bei der Hochzeit aufzuführen.
Hermia flieht mit Lysander in den Wald, gesucht von Demetrius, den wiederum Hermias Freundin Helena in blinder Verliebtheit verfolgt. Puck als Zaubergehilfe Oberons inszeniert die Liebesverwirrungen der beiden jungen Paare im Athener Wald und stiftet mit seinem magischen Elixier auch die – vorübergehende – Liebe Titanias zu Bottom, einem der Handwerker, dem Puck mutwillig einen Eselskopf angezaubert hat.

Christina Paulhofer inszenierte den Sommernachtstraum auf erfrischende Weise. Sie aktualisierte den Stoff, ohne die eigentliche Botschaft zu verfremden. Aus der Handwerkertruppe sind arbeitslose Banker geworden, die sich durch ein erfolgreiches Laienspiel bei Hofe die Rückkehr an die Wall Street erhoffen. Diese Idee mindert in keiner Weise den umwerfend komischen Effekt ihrer „Pyramus und Thisbe“- Vorstellung, einer tragischen Liebesgeschichte. Hier sind besonders Florian Lange als John, der eifrig bemühte Regisseur der Spielerschar, und Jürgen Hartmann als „vertrauenswürdiger Anlageberater“ und von sich überzeugter Laiendarsteller. Umwerfend seine Darstellung als verhexter Esel, der sich allzu gern von den Elfen der Titania – an diesem Abend sehen wir sie als versierte Tänzerinnen, als Gogo-Girls in Hot Pants – verwöhnen lässt. Michael Schütz gibt Theseus als zynischen, machtbewussten Herrscher. Katharina Linder steht als Hippolyta etwas in der zweiten Reihe. Umgekehrt das Bild des Paares im Elfenreich, wo Titania (Katharina Linder) selbstbewusst ihrem Gatten Oberon (Michael Schütz) einen Lustknaben vorenthält. Günter Alt spielt Puck, einen „Klotz von Geist“, in Silberstiefeln, Frackjacke, Sesamstraße-T-Shirt und mit langen Haaren, entfernt an Meat Loaf erinnernd. Anrührend sein Vortrag von „When I was so much younger than I am today“. Beatles Songs ziehen sich wie ein roter Faden durch den Abend.
Hermia – das ist Kristina Peters, ein trotzig-resolutes Mädchen. Minna Wündrich überzeugt als erst verschmähte Helena, der dann plötzlich beide junge Männer nachlaufen. Matthias Eberle als Demetrius und Nicola Mastroberadino als Lysander, der gern und schlecht zur Gitarre singt.

Die Bühne kommt mit wenig aus. Ein von beiden Seiten zu erklimmendes Podest reicht völlig, um den Hof zu symbolisieren. Ansonsten ist die Spielfläche von großen Leinwänden umstellt, die farbig illuminiert oder als Projektionsfläche genutzt werden. So gibt es, nachdem Puck den verwirrenden Liebeszauber wieder gelöst hat – eine märchen- und rauschhafte Szene, in der alle zu lauter Musik wild durcheinander tanzen. Rot ist hier die dominierende Farbe, Wasserfontänen sprudeln auf einmal aus dem Boden – man denkt an eine Orgie, an ein Bacchanal.

Insgesamt ein poetisch-witziger Abend mit vielen Einfällen. Unterhaltung im besten Sinne. Shakespeare hätte seine Freude gehabt.