Übrigens …

Ziemlich beste Freunde im Köln, Theater am Dom

Anfangs Feuer und Wasser

Dass jemand vor Verzweiflung schreit, ist in einer Komödie eher unüblich. Aber Philippe hat (vorübergehend) Driss verloren. Nein, die beiden sind kein Paar, aber ein Super-Team, wonach es zunächst überhaupt nicht aussieht. Philipp ist querschnittsgelähmt, seit er beim Gleitsegeln verunglückte, und muss komplett betreut werden. Magalie ist eine Art Sekretärin, aber für körperhygienische Dinge ist schon ein Mann vonnöten. Driss meldet sich auf eine entsprechende Anzeige hin eher lustlos, legt es sogar auf eine Absage an, damit er nach diesem dritten Scheitern endlich in den Genuss von Arbeitslosenunterstützung kommt.

Das „Scheitern“ gelingt auch fast, aber die freche, rüde Art von Driss imponiert Philippe irgendwie. Vor allem hat der Boy kein Mitleidsgetue an sich, welches dem Patienten sonst schon oft auf die Nerven gegangen ist. Es kommt also zu einem Probeengagement. Mit seinem unkonventionellen, unkomplizierten und ungestümen Wesen lockert Driss immer mehr Philippes Verkrampfungen und Blockaden, bringt ihn zum Lachen und ermuntert ihn zu Dingen, die er eigentlich längst abgeschrieben hatte.

Ute Willings Inszenierung an Kölns Komödientheater beinhaltet eine Filmsequenz, bei der ein Leichtflugzeug durch wilde Schluchten steuert. Das mag auf Philippes Unfall anspielen, beschreibt aber wohl eher eine Mutprobe, ein Austarieren von verbliebener Lebensqualität. Dass Driss - gemäß Inhaltsangabe - seinerseits etwas „Kultiviertheit“ übernimmt, macht die Aufführung nicht ganz deutlich. Aber die Annäherung zweier gänzlich unterschiedlicher Charaktere wird liebevoll, aber unsentimental ins Bild gesetzt. Schauspielerisch geht dabei zwangsläufig Tino Führer in Führung, in Deutschland geboren, aber erkennbar ein Nationalitätengemisch. Er macht auf maskulinen Zappelphilipp, flirtet ungeniert und verbal eindeutig mit Magalie und stellt gerne seinen muskulösen Tatoo-Body zur Schau. Dieser Driss ist fraglos etwas vulgär, aber irgendwie doch charmant. Und sein Wesen wirkt auf Philippe geradezu therapeutisch. Am Schluss sieht er dank der Hartnäckigkeit von Driss der Begegnung mit seiner langjährigen Brieffreundin entgegen. Angst essen nicht länger Seele auf.

Den nach einem autobiografischen Roman entstandenen Film von Eric Toledano und Olivier Nakache (2011) hat Gunnar Dreßler für die Bühne eingerichtet und dabei notwendigerweise leichte Veränderungen vorgenommen, die aber nicht ungünstig zu Buche schlagen. Die Dialoge besitzen viel Witz und entfachen immer wieder Szenenapplaus. Im Komödienrepertoire des Dom-Theaters siedelt dieses Stück fraglos in einer oberen Qualitätskategorie. In der putzmunteren Inszenierung Ute Willlings gibt Christoph M. Ohrt dem Philippe sympathischen Umriss, Silvia Maleen lockert sich als trocken beflissene Magalie gleich ihrem „Chef“. In Nebenrollen ist Ulrich Schmissat zu sehen. Das noble Interieur stammt von Tom Grasshof.