Liebe – bisweilen nur ein Phantom?
Wie heißt es so schön im Programmheft? „Seit Anbeginn der Zeit war das Leben eines Mannes immer hin- und hergerissen zwischen zwei Frauen – mindestens“.
Barbara Hauck inszenierte am Bochumer Schauspielhaus das Musical Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs – eine Adaption des bekannten Spielfilms mit gleichem Titel. Regisseur Pedro Almodóvar gelang damit 1988 der internationale Durchbruch. Es ist eine typische Screwball Comedy mit Tempo, Witz und mehreren Handlungssträngen. Nach Almodóvar geht es um liebende Frauen, die verlassen werden, also auch um einen „Mann und den Schmerz, den seine Abwesenheit bereitet“.
Pepa, eine Synchronsprecherin, kann es nicht fassen, als sie Ivans rauchige Stimme auf dem Anrufbeantworter hört. Salbungsvoll teilt er ihr mit, dass er sie verlassen muss, auch wenn es ihm das Herz zerreißt („Gibt es einen richtigen Weg, leb wohl zu sagen?“). Pepa gibt nicht so schnell auf und begibt sich auf die Suche nach Ivan. Und erfährt, dass er verheiratet war und einen Sohn hat. Und bereits schon eine neue Geliebte. Pepas Freundin Candela spielt ebenfalls eine wichtige Rolle im Reigen dieser Frauen, die doch alle auf der Suche nach dem großen Glück, nach der einzig wahren Liebe sind. Sie hat sich Hals über Kopf in Malik, einen Taxifahrer, verliebt. Der sich dann als ein von der Polizei gesuchter Terrorist entpuppt.
Die Musicalfassung von Frauen… wurde 2010 am Broadway uraufgeführt und kam hierzulande 2012 in Graz auf die Bühne. Jeffrey Lane schrieb das Skript, David Yazbek komponierte und verfasste die Texte der Songs. In Bochum erleben wir eine siebenköpfige Live-Band auf der Bühne unter der Leitung von Tobias Cosler. Die Musik? Eine Mischung aus Jazz, Pop und Swing. Den Darstellern muss man durchaus ein Lob für ihre Sangeskunst aussprechen.
Michael Schütz spielt den Frauenflüsterer Ivan, der mehr im Hintergrund dieses Abends bleibt – und dennoch als charmanter, gewissenloser Weiberheld überzeugt. Bettina Engelhardt glänzt als Pepa, die nicht so schnell aufgibt und dynamisch das turbulente Geschehen mitbestimmt. Ebenso glänzend Sabine Osthoff als Candela – hinreißend ihr Song, in dem sie ihr Leid dem Anrufbeantworter (dieses Gerät spielt immer wieder eine wichtige Rolle an dem Abend) klagt. Katharina Linder gibt Lucia, Ivans Exfrau, als alternde Sexbombe: blonde, hochtoupierte Haare, eng sitzender Rock, High Heels – wie sie überhaupt alle Frauen an diesem Abend tragen. Ein Wunder, wie die Darstellerinnen damit treppauf, treppab eilen können. Nicola Mastroberardino spielt den verschmitzten, charmanten Taxifahrer, der für alle Notfälle gerüstet ist – von Süßigkeiten über Kondome bis zu Kamasutrabüchern.
Barbara Hauck, die auch für die sehr erfolgreiche Produktion Bochum verantwortlich zeichnete, inszenierte Frauen… mit viel Liebe zum Detail und setzte dabei auch manches Klischee augenzwinkernd um. So beginnt der Abend mit drei Frauen, die unter Friseurhauben sitzen, in Illustrierten blättern und mit dem Fuß wippen. Bühnenbildnerin Mara Henni Klimek hat ein aus verschiedenen weißen Treppenelementen zusammengesetztes Bühnenbild gebaut. Diese sind variabel und in der Höhe verstellbar und erlauben so immer neue Perspektiven, die zu der rasanten Handlung passen. Requisiten wie der AB oder – wenn es um das Stadtbild von Madrid geht – Verkehrsschilder und Ampeln werden bei Bedarf vom Schnürboden heruntergelassen. Taxifahrten kann sich der Zuschauer sofort vorstellen, wenn Malik einen Wackelkopfdackel (wie man ihn früher so oft als Zierde in Autos sah) in der Hand hält und so die ruckartigen Fahrbewegungen simuliert.
Insgesamt ein leichter, beschwingter Abend ohne zu viel emotionalen Tiefgang, den das Premierenpublikum begeistert beklatschte.