Macbeth im Köln, Theater Tiefrot

Großes Theater in kleinem Hause

Macbeth ist zwar das kürzeste Drama Shakespeares, aber nach Meinung nicht nur von Johann. Wolfgang von Goethe zweifellos sein bestes Werk. Ein dichter Mix aus Morden, Eifersucht, politischem Ehrgeiz, Niedertracht, Schuld und Sühne, Chaos und Ordnung, in geschliffener Sprache.

Das kleine „Theater Tiefrot“, versteckt hinter der Kölner Musikhochschule, hat sich an diesem Werk regelrecht abgearbeitet, aber fand hier auch seine Grenzen. Verzeichnet doch das Drama 28 Rollen, die schon für ein „normales“ Theater schwer zu stemmen sind; hier aber mussten neun Schauspieler und –innen die ganze Besetzungsbreite übernehmen; alle Figuren sind im Programm säuberlich aufgelistet. So hat der Zuschauer, welcher der komplizierten Story meist nicht in allen Details und Nebenhandlungen mächtig ist, große Mühe, dem Ablauf zu folgen, zumal der ständige Rollenwechsel in der Kürze der Zeit nur durch kleine Kostüm-Accessoires angedeutet werden konnte. Das begann mit dem der Rolle des Banquo, gespielt vom Jutta Dolle, die auch Rosse und Sigward spielte. Die drei Hexen (Sandra Kouba, Jule Schacht und Juliana Wagner) legten für ihre jeweils drei weiteren Rollen lediglich ihren schwarzen Puckel-Rucksack ab. Jörg Kernbach spielte neben dem Malcom gar vier weitere Rollen – darunter einen verschroben Arzt - und musste überdies den Macduff ermorden, Dimitri Tellis gab als Macduff und Krieger der Rolle des Boten einen schwulen Anstrich.

Dennoch ist natürlich der Versuch zu loben. Hausherr Volker Lippmann, verantwortlich für Bühne und Regie, trat auch als König Duncan auf; er hatte vor der kleinen Bühne einen Gang freigelassen, die Zuschauer saßen hinten, rechts und links, sodass eine zusätzliche Spielfläche mit mehreren Türen entstanden war. Da herrschte allerdings ein ständiges Kommen und Gehen auf engem Raum. Die für die schwarze Tragödie um die Verführbarkeit des machtlüsternen Menschen erforderliche Breite und Ruhe vermochten sich nicht recht einstellen. Erst gegen Ende wurde das Spiel aller Akteure dichter und intensiver; starke Szenen hatten die machtlüsterne und am Schluss verzweifelte Lady Macbeth (Julia Karl). Auch ihr Ehemann (Marcus M. Mies), dem ein paar Phone mehr anzuraten sind, steigerte sich zusehends bis hin zur finalen eindrucksvollen Schlussszene.

Passend zum Theaternamen und den Morden färbte sich der Bühnenhintergrund immer mal wieder blutfarben, an Stangen befestigte weiße Tafeln wurden nach jedem Toten auf rot herumgedreht; so konnte man leicht den aktuellen Score verfolgen. Die optische Darstellung der Gewalt und der wandernde Wald von Birnam kamen als Schwarz-Weiß-Video daher, originell die Verwendung roter, zum Töten über den Kopf gestülpte Tücher und als Schwert in der choreografisch ansprechenden finalen Kampfszene des Königsmörders gegen Macduff.

Es muss hinterfragt werden, ob das ansonsten quirlige Theater Tiefrot sich - bei seinen begrenzten personellen Mitteln - ein solches „schweres“ Stück wirklich „antun“ muss; bei allem guten Willen erschließen sich die Wucht dieser düsteren Ballade, die Machtbesessenheit von Macbeth und dann seine Verzweiflung ob der Vergeblichkeit allen Handelns bei der Enge der Bühne, der Unruhe und dem ständigen Rollenwechsel nur bedingt. Dennoch sind der Mut und der gute Wille des Teams hervorzuheben. Langer und freundlicher Applaus des vollbesetzten Hauses.