Übrigens …

Alles ist erleuchtet im Schauspiel Essen

„Alles ist erleuchtet im Lichte der Vergangenheit“

Mit Alles ist erleuchtet gelang dem amerikanischen Schriftsteller Jonathan Safran Foer 2002 der internationale Durchbruch. Der Roman wurde mehrfach ausgezeichnet, 2005 verfilmt und von diversen Theatermachern auf die Bühne gebracht. In Essen haben der Regisseur Thomas Ladwig und die Dramaturgin Jana Zipse eine eigene Bühnenfassung erstellt, die sich eng an die literarische Vorlage hält.

Worum geht es? Der junge amerikanische Schriftsteller Jonathan Safran Foer reist 1997 auf den Spuren seiner Familiengeschichte in die Ukraine. Er sucht eine Frau, die seinen jüdischen Großvater während des Zweiten Weltkrieges vor den Deutschen gerettet haben soll. Zusammengepfercht in einem kleinen Auto reisen mit ihm sein Dolmetscher Alex, ein etwas großmäuliger Wortakrobat mit nur rudimentären Sprachkenntnissen, und der grantige Großvater von Alex, der von sich behauptet, blind zu sein, als Fahrer. Eine recht kuriose Reise voller Pannen, Missverständnisse und Übersetzungsschwierigkeiten führt die kleine Reisegruppe schließlich nach Trachimbrod, wo einst ein jüdisches Schtetl war. Jedoch findet sich dort nichts mehr. Das Städtchen wurde komplett ausgelöscht.
Jonathan schreibt im Anschluss an diese Reise einen Roman mit seiner eigenen Sicht der Geschichte seines Großvaters. Auch Alex schreibt seine Reiseerlebnisse auf und schickt sie Jonathan zu.

In der Essener Casa bietet die kleine Bühne gerade den richtigen, intimen Rahmen für diese Romandramatisierung. Ein großer Hügel, fast wie ein riesiger Maulwurfshügel wirkend, ist über zwei quer zur Hauptzuschauertribüne stehende Tische gestülpt. Ein passendes Bild für die Szenen, in denen sich Jonathan und Alex schreiben. Wobei Alex Briefe per Videokamera auf die Hügeloberfläche übertragen werden. Aber auch sonst ein vielseitig zu nutzendes Bühnenbild. Ebenso ein eindrückliches Bild dafür, dass Trachimbrod ausgelöscht wurde.
Während der Reise dieses Trios erfahren wir nach und nach mehr über das Schicksal der jüdischen Bewohner von Trachimbrod, werden aber auch Zeuge des Zusammenpralls zweier Welten: hier die Ukraine, wie sie durch angespielte Volksmusik, Wodkatrinken und üppige Fleischmahlzeiten fast klischeehaft vorgestellt wird, da der sich in dieser unbekannten Welt unbeholfen gebende Jonathan. Durch den Wechsel der einzelnen Handlungsstränge folgen auf komische Szenen durchaus sehr berührende Einblicke in den Genozid an den jüdischen Dorfbewohnern. Der Holocaust in seiner ganzen Grausamkeit ist durchaus präsent. Hier verbinden sich auch die Geschichte Jonathans mit der von Alex‘ Familie. Gesteht doch der Großvater, er habe damals in Trachimbrod aus Angst um das eigene Leben seinen jüdischen Freund Herschel an die Nazis verraten.

Der Abend, der durch viele mehr erzählende Passagen manchmal Längen aufweist, wird getragen durch etliche sehr anschauliche Ideen zur Bebilderung der Geschichte und vor allem durch das hervorragende Ensemble. Jan Pröhl ist ein überaus überzeugender Jonathan, getrieben von der brennenden Neugier, der Geschichte seiner Familie auf die Spur zu kommen. Nico Link (Alex) und Rezo Tschchikwischwili (Großvater) beeindrucken durch ihr facettenreiches Spiel. Janina Sachau spielt gleich mehrere Rollen, zwischen denen sie mühelos wechselt, gleichermaßen beeindruckend als junges Mädchen wie als alte Frau.

Schlaglichtartig werden durch Musik, durch komische Einlagen und durch bewegende Zeitzeugenberichte viele Aspekte beleuchtet und kaleidoskopartig aufgefächert. Eine spannende und faszinierende Reise in die Vergangenheit.