Übrigens …

Toutou im Köln, Theater am Dom

Die Rache des Mistköters

 

Von der Hauptperson des Stückes bekommt man nur indirekt etwas zu sehen – ein überdimensionales Hundekissen, ein goldenes Quietscheentchen, eine riesige Tüte Trockenfutter und ein leeres Halsband mit Hundeleine, denn der Köter hat sich beim abendlichen Gassi gehen aus dem Staub gemacht. Einfach so. Über die Ursachen entfacht zwischen dem noblen Ehepaar Alex (Winfried Glatzeder) und Chloe (Gila von Weitershausen) eine heftige Diskussion, nicht nur um die Farbe des Tieres für die sofort erstellte Vermisstenanzeige „großer grauer Wolf“ oder „kleiner goldfarbener Löwe“, sondern um den Umgang mit ihrem Liebling: hat er genug Liebe und Aufmerksamkeit bekommen? War er vielleicht hinter einer Hündin her? Hätte er statt des Trockenfutters lieber ein saftiges Steak bekommen? Oder ist er beleidigt, weil man ihn wegen Urinierens auf eine teure Orchidee in der Wohnung und Furzens unter dem Tisch mit „Mistvieh“ und Anbinden an die Heizung gestraft hat? Und: hat er seine Flucht vielleicht von langer Hand geplant? Will er vielleicht wieder nach Rumänien, von wo man ihn als Straßenköter in die elegante Pariser Wohnung mitgenommen hat?

Verdächtigungen, Beschuldigungen und Beleidigungen werdenheftiger, weil sich auf einmal Abgründe in der Zweierbeziehung auftun, welche mit dem Hund als Lebensmittelpunkt immer unter den Teppich gekehrt wurden. Hat Alex sich nicht genügend um den Vierbeiner gekümmert? Hat Chloe ihren Mann schändlich vernachlässigt und sich nicht um seine Probleme gesorgt, sondern nur über den Hund und die Konsistenz seines Stuhlgangs geredet? Haben wir unseren Sohn in New York wegen des Hundes seit fünf Jahren nicht besucht ? Aber auch Alex, tagsüber als Krisenmanager für große Firmen und Regierungen tätig, ist nicht in der Lage, System und Klarheit in die Diskussion zu bringen.

Das Chaos nimmt zu und Eifersucht kommt auf, als sich auch noch herausstellt, dass er offenbar näheren Kontakt zu einer Hundebesitzerin aus der Nachbarschaft hat, die auch noch spätnachts anruft und sich nach dem armen Tier erkundigt. Die Trennung des Paares steht im Raum. Und eskaliert, als der gemeinsame langjährige Freund Pavel (Klaus Zmorek) auftaucht, der selbst ein Beziehungsproblem hat. Der outet sich nach größeren Alkoholmengen als Hundehasser, meckert über die immer nach dem Köter stinkende Wohnung, bekommt aber sofort Gegenwind von Chloe, dass er ihren Liebling immer ignoriert und auch nicht in seine Wohnung lässt. Pavel kündigt die Freundschaft und haut ab, um dann mit Toutou wiederzukommen, der unten an der Tür gekratzt hatte und von dem man im Stück nur seinen Schatten sieht. Und auf einmal möchte Pavel einen eigenen Hund, um damit seine Beziehung zu kitten, ist wieder lieb und freut sich an der Versöhnung der beiden Hundebesitzer.

Toutou ist eine nette Boulevardkomödie mit Schwung, gutem Timing, vielen Slapsticks und Bonmots, bliebe allerdings ziemlich an der Oberfläche, wenn da nicht die blendenden Schauspieler wären. Allen voran Wilfried Glatzeder, der erstmalig in Köln Theater spielt und dort vor kurzem seinen 70. Geburtstag feierte, langjähriger Berliner Tatortkommissar und abgeschlagener Dschungelcamp-Teilnehmer. Er ist ein Meister der Situationskomik, des Mienenspiels und der Körpersprache, mit seinem Dackelgesicht ununterbrochen in Aktion, man sollte ihn unbedingt ständig im Auge behalten. Seine Partnerin Gila von Weitershausen, die viel beschäftigte Filmschauspielerin , mimt die Besonnene; kratzbürstig verteidigt sie ihre Domäne und ihren Hund, herrlich ihre Empörung über die vermeintliche Nebenbuhlerin. Klaus Zmorek kommt von langjähriger Theaterarbeit, ist ein hochaktiver „Wendehals“ mit viel Verve und Glaubwürdigkeit.

 Mit Toutou hat das Trio in Berlin, Hamburg und Düsseldorf schon in weit über 100 Vorstellungen auf der Bühne gestanden, Abnutzungserscheinungen waren nicht erkennbar, selbst nicht in der gesehenen Generalprobe vor kleinem, aber umso begeistertem Publikum.