Übrigens …

Wie es Euch gefällt im Köln, Schauspiel

„All the world is a stage and all the men and women merely players“

Herzog Frederick hat seinen älteren Bruder, den rechtmäßigen Inhaber des Throns, vertrieben. Der Verbannte lebt mit einigen getreuen Edelleuten im Exil im Ardenner Wald.
Der junge Orlando fordert von seinem Bruder Oliver sein rechtmäßiges Erbe, das ihm dieser vorenthält. Bei einem Ringkampf am Hof besiegt Orlando wider Erwarten Charles, den Preisringer des Herzogs. Rosalinde, die Tochter des verbannten Herzogs, verliebt sich in Orlando und schenkt ihm eine Halskette.
Herzog Frederick will, dass Rosalinde den Hof verlässt. Seine Tochter Celia beschließt, mit ihrer Freundin zusammen in den Ardenner Wald zu fliehen. Zu ihrem Schutz treten die Mädchen in Verkleidung auf. Rosalinde wird zu einem jungen Mann, Ganymed, Celia zu Aliena (die „Fremdheit“). Touchstone, den Hofnarren, nehmen sie auf die Reise mit.
Auch Orlando flieht in den Ardenner Wald nach einer Warnung, dass sein Bruder ihn töten will. Er erkennt Rosalinde in der Gestalt des Ganymed nicht. Rosalinde verführt ihn heftig, aber sie verführt ihn wie ein Knabe, der in dieser Verbindung das Mädchen sein will. Rosalinde spielt also einen Ganymed, der Rosalinde spielt.
Die Grenzen zwischen Illusion und Wirklichkeit gehen allmählich verloren. In dieser Komödie geht es um das Theater im Theater. Der Schauspieler spielt die Person, die er nicht ist.
Der Melancholiker Jacques hat ein Vergnügen daran, seinen Zeitgenossen die Wahrheit unter die Nase zu reiben, wenn er sagt, alle Menschen seien Schauspieler auf der Bühne des Lebens. Und das Traurige sei, dass nur wenige darüber Bescheid wüssten, dass es so sei.

Roger Vontobel inszenierte in Köln eine poetische und zauberhafte Interpretation von Wie es euch gefällt voller geistreicher und anrührender Regieeinfälle.
Die Bühne, die Fredericks Hof darstellt, ist mit großflächigen Mustern in grellen Farben ausgelegt, in der Mitte ein Fantasiethron für den Herzog. Unter dem Tisch daneben hockt – angeleint wie ein Kettenhund und ebenso grollend wie ein solcher – Charles, der Ringer. Johannes Benecke spielt ihn genauso überzeugend wie später im Ardenner Wald Jacques, eine doch ganz gegensätzliche Figur. Robert Dölle tritt im Dandylook mit Pelzmantel und Sonnenbrille als schneidiger Frederick auf, der seine Mitspieler, den Hofstaat, fest im Griff hat und zu lauter Musik paradieren lässt: „…und Auftritt, 1-2-3-4-5-6-7-8“. Verblüffend, wie schnell er zum menschenfreundlichen alten Herzog mutiert – ohne Brille, nur in Boxershorts -, der natürlich auch milder spricht. Vontobel gelingt es perfekt, den Gegensatz zwischen der kalten Welt des Hofes und dem zauberhaften, lyrischen Ambiente des Ardenner Waldes zu erfassen. So durch das Bühnenbild: für die Waldszenen verdeckt eine dunkle Folie den Schauplatz des Hofes, die nur einen kleinen Ausschnitt als Spielfläche frei lässt. Durch die Beleuchtung fühlt man sich an die Gemälde alter Meister erinnert. Altenglische Lieder wie „Under the greenwood tree“ werden gefühlvoll intoniert. Stefko Hanushevsky, der sowohl Oliver wie auch Amiens spielt, ist für seine Leistung, instrumental wie vokal, ein besonderes Lob auszusprechen.

Vontobel hat gleich mehrfach Rollen gegen das vorgesehene Geschlecht besetzt. Katharina Schmalenberg, zierlich von Gestalt, spielt Orlando. Beeindruckend ihre Leistung beim Ringkampf mit Charles, anrührend ihr tiefes Liebesleid. Fast konsequent ist die Rolle der Rosalinde mit einem Mann, Niklas Kohrt, besetzt. Wodurch Vontobel das verwirrende Rollenspiel noch potenziert. Kohrt wirkt schon zu Beginn als Rosalinde androgyn in seinem overseized, rosa Schlabberpulli. Um Ganymed darzustellen, reicht es, dass er mit nacktem Oberkörper spielt. Zweifellos äußerst engagiert, doch ab und an zeigt er ein recht tuntiges Verhalten. Was der einzige Kritikpunkt an diesem sonst wunderbar leicht und flirrend daherkommenden Abend ist. Benjamin Höppner glänzt als lebensweiser Narr Touchstone. Henriette Thimig ist die dritte Cross-Gender-Besetzung als alter, treuer Diener Adam.

 

Insgesamt ein märchenhafter und sehr unterhaltsamer Abend, ganz im Sinne Shakespeares, der in seiner Zeit als Autor wusste, was die Leute wollten. „Wie es euch gefällt“ ist eine Komödie mit den Highlights des elisabethanischen Theaters: mit Musik, Szenen aus dem ländlichen Alltag, höfischem Gehabe, Prügeleien, Jux und Clownerien, Witzen (anständigen und zweideutigen). Liebe wird hier nicht als Himmelsmacht zelebriert, sondern ist ein Gemenge aus Trieben, Ängsten, Wünschen und Wahn.