Stars, Sternchen und junge Autoren
Nur noch wenige Tage, und die „Ruhrfestspiele“, Europas ältestes, seit 1946 existierendes Theater-Festival, geht zu Ende (noch bis 14. Juni). Große Namen sorgten für Glanz. Juliette Binoche etwa war als „Antigone“ zu Gast, und auch Michel Piccoli brachte französisches Star-Flair an die Ruhr. Kein Wunder, sollten die diesjährigen Festspiele mit nahezu 100 Projekten in über 300 Aufführungen an 17 Spielstätten auf und um Recklinghausens „Grünen Festspielhaus-Hügel“ doch ein „dramatisches Rendevouz mit Frankreich“ werden. Darüber hinaus gab es auch zahllose Auftritte junger unbekannter wie renommierter Autoren aus ganz Europa. Aus der jungen Garde machte ein 30-Jähriger Schweizer auf sich aufmerksam, der den diesjährigen Autorenpreis des Heidelberger Stückmarkts gewann, und erst jüngst mit dem Kleist-Förderpreis für junge Autoren geehrt wurde: Lukas Linder.
Papa hat sich aus dem Staub gemacht. „Sucht. Nicht. Nach. Mir“ ließ er als Botschaft zurück. Was Sohnemann Fred (Felix Axel Preißler) aus der Bahn wirft und zu einem Suchenden macht. Wer freilich Der Mann aus Oklahoma ist, mit dem Lukas Linder seine Groteske betitelt, bleibt ein Geheimnis. Ist es eine Leerstelle, ist es Papa, der, wie Fred am Ende erfährt, „jetzt in Amerika“ lebt? Für Fred reicht`s aus. Debil lächelnd, liegt er zum Schluss des 90-Minuten-Dramas auf dem Boden. Das passt gut zu Mamas (Anne Cathrin Buhtz) Antwort auf seine Frage: „Mama, wo sind wir?“ „Wo wir hingehören“, schnattert sie, „in der Hölle“.
Ganz so schlimm ist es freilich nicht bei der Uraufführung des Stücks, die vom Schauspiel Leipzig in Kooperation mit den Ruhrfestspielen grell in die ehemalige Industriehalle „König Ludwig 1/2“ gezaubert wurde.
Da draußen, vor den Toren Recklinghausens, war die Vater-Suche gut platziert. Hier was zu finden, ist schon schwer genug, ohne dass es um einen verloren gegangenen Vater geht. Dabei, und das bleibt eins der vielen Geheimnisse im Stück, scheint Papa der Musiker zu sein, der hinter einer der sich mal sich öffnenden, dann wieder schließenden Fenster den Ton vorgibt. Wie in einem Adventskalender, hinter dessen Türchen sich freilich, wie etwa zwischen Mama und Herrn Ehrlicher, ganz unfromme Szenen abspielen. Hinzu kommen Träume und Märchenphantasien, die sich aus der Wand klappen lassen. Mit Palmen, Schaukel, grünen Papier-Elefanten und pseudoantiken Brunnen-Geistern.
Was optisch nicht ohne Reiz ist, verliert sich inszenatorisch (Regie Marc Lunghuß) doch sehr in einer bunten Beliebigkeit, hinter deren Gag- und Detail-Liebe sich der rote Faden der Geschichte kaum klar ausmachen lässt. Es sei zu sagen gewagt: Dieses Stück muss für die Bühne erst noch entdeckt werden. Trotzdem gab es einhelligen Applaus – auch für den anwesenden Autor.