Der Vorname im Köln, Theater am Dom

„Das Stück in F-Dur oder Phe-moll ?“

So fragte der feinsinnige Posaunist Claude, der - noch im Frack – direkt vom Konzert zum Abendessen zu seinen Freunden Pierre und Elisabeth geeilt ist, auf die Bitte, doch irgendetwas auf seiner Tröte zu spielen, um die kritisch aufgeschaukelte Stimmung zu entkrampfen. Was war passiert?

Wie so oft trafen sich der reiche Immobilienmakler Vincent und seine schwangere Frau Anna, die erst später dazu kam, im schicken Wohnzimmer dessen Bruders Pierre, eines Literaturprofessors, und seiner Frau zu einer abendlichen kulinarischen Diskussionsrunde mit erlesenen Weinen und einer Unzahl von marokkanischen Gerichten, welche die Hausfrau unablässig heranschleppen musste. Dazu besagter Musiker, der alte Freund von Vincent und Elisabeth. Ein eher verhaltener Beginn mit Smalltalk „as usual.“ Bis Vincent dann seine Freunde den vorgesehenen Namen des zukünftigen Erdenbürgers - es soll ein Junge werden - erraten lässt. Sehr viele Vorschläge, keiner passte: „Schade, dass Rolex kein Vorname ist“. Die Bombe platzte, als er dann mit „Adolphe“ herausrückte, aber natürlich mit „phe“ am Ende, Vorname vieler großer Franzosen in der Geschichte, und natürlich völlig ohne jeden Bezug zu „Adolf“ Hitler. Im Gegenteil, sein Sohn Adolphe könnte später einmal das Andenken an Hitler sogar auslöschen. Totale Fassungslosigkeit kommt auf. Der Literaturprofessor imitiert Hitler, erkennt auf dem Foto des Embryos sogar den passenden Gruß. Vincent kreiert hingegen eine Negativliste von Vornamen „Joseph geht gar nicht“.

Aus dem vorgesehenen gemütlichen Abend eskaliert ein wohldosierter Streit mit gepfefferten Dialogen zwischen den Kampfhähnen - überhaupt nicht um den Namen, der eigentlich auch gar nicht wirklich vorgesehen ist, sondern um „alte Rechnungen“, um Vorwürfe, spießig, geizig oder egoistisch zu sein. Auch der stille Claude bekommt sein Fett weg: nach längerem Bohren erfährt er seinen Spitznamen „Die Schwuppe“, denn die engen Freunde hätten niemals etwas von einem weiblichen Wesen gehört, er müsse einfach schwul sein. Aber er sei offensichtlich der einzige, der dieses nicht wüsste. In der intellektuellen Runde ist die Toleranz gegenüber den Freunden einem gesellschaftskritischen Konkurrenzkampf gewichen; Pierre habe seiner Frau damals die fast fertige Doktorarbeit geklaut, und sein alter Freund Claude habe die Verantwortung für den von ihm verursachten Tod seines Hundes übernommen: „Er hat mir meinen Mord gestohlen“.

Ganz vorbei ist es dann mit dem Rest an Harmonie, als Claude den Namen seiner heimlichen Freundin nennt: Francoise. Eine Krachpointe. Dazu Pierre total perplex: „Der vögelt mit unserer Mami “, die 20 Jahre älter als Claude ist; er könne sich vielleicht noch auf ein Stiefbrüderchen freuen. Kein Wunder, dass er die Dame, die dann auch noch live anrief, nie präsentiert hat. Die Frauen und der Musiker gehen dann in alle Richtungen auseinander mit unbekanntem Ziel, die beiden Alphatiere Pierre und Vincent machen die nächste Flasche auf.

Nach kurzer Lichtpause dann die Wöchnerin im Bett, wieder friedlich umgeben von Ehemann und Freunden, aber nicht wie erwartet mit einem Sohn, sondern mit einer Tochter im Arm. Und zwischen den beiden Frauen regt sich ein zarter „Beginn einer neuen Freundschaft“.

Der Vorname ist eine zunächst oberflächlich erscheinende, mit französischer Leichtigkeit, aber dann doch sehr tiefgründige Komödie, die viele seelische Abgründe und Facetten wirkungsvoll beleuchtet, sicherlich mit manchen Parallelen auch aus dem Leben der begeisterten Zuschauer. Und wirkt vor allem durch ein perfekt eingespieltes Schauspieler-Team, das bereits in dieser Formation in Bonn und Düsseldorf auf der Bühne stand. Angenehm auch: Mal kein ganz berühmter „Superstar“ auf der Bühne wie so oft, sondern ein Ensemble „aus einem Guss“, ohne eine Sekunde Leerlauf, mit großer Spiellust, blendenden Dialogen und komödiantischem Können. Da kann keiner besonders hervorgehoben werden: Alle prima.

Viel Zwischenapplaus und Gelächter, sehr viele Bravos.