Intrigen um die Macht, schon im alten Rom
Shakespeares Tragödie Julius Caesar wurde 1599 uraufgeführt. Das zentrale Thema, die Gier nach Macht, ist auch heute noch aktuell. Ort und Zeit der Handlung: 44 v.Chr., Cäsar wird von den Römern für seinen Sieg über Pompejus gefeiert. Cassius leitet eine Verschwörung gegen Cäsar. Es gelingt ihm, den ehrenwerten Brutus, der die Freiheit der Republik in Gefahr sieht, für die Ermordung Cäsars zu gewinnen. Brutus lehnt jedoch ab, auch Mark Anton zu töten, sollen die Verschwörer zwar Rom vor der Tyrannei bewahren, aber keine Mörder sein. Cäsar missachtet alle Warnungen vor den „Iden des März“: „Danger knows full well that Caesar is more dangerous than he“. So kommt es zu seiner Ermordung im Senat.
Beim diesjährigen Shakespeare Festival im Neusser Globe konnte man eine Produktion von „Julius Caesar“ sehen, die von Studenten der Mountview Academy, London, auf die Bühne gebracht wurde. Da das Thema, welche Mittel in der Politik gerechtfertigt sind, um angeblich das Wohl der Mehrheit zu sichern, nach wie vor aktuell ist, wählte die Regisseurin Polina Kalinina ein neutrales Bühnenbild ohne Anbindung an eine bestimmte Zeit. Die Bühne des Globe war ohne Requisiten bis auf ein Halbrund aus übergroßen Buchstaben (CAESAR). Nach dem Tod Cäsars lösen die Verschwörer Bruchstücke aus diesen Lettern heraus (“tyranny is dead“) – ein treffendes Bild für den Zerfall der Macht des gemeuchelten Herrschers. Zu Beginn wird das Reinigungs- und Fruchtbarkeitsfest – die Lupercalien - angedeutet, welches dem Herdengott, dem Wolfsabwehrer, gewidmet war. Die Schauspieler tragen Wolfsmasken, was auch an Romulus und Remus erinnert, die von einer Wölfin gesäugt wurden. Vielleicht kann man die Verschwörer auch mit einem Wolfsrudel vergleichen, das gemeinsam eine Beute zur Strecke bringt. Weniger sinnvoll scheint die fast permanente Lautuntermalung des Abends zu sein, die sich bald abnützt und nur noch stört. Auch andere Regieeinfälle sind nicht unbedingt stimmig. Chiara von Galli spielt Brutus. Warum nicht, denkt man zunächst. Doch wenn sie einerseits mit „My Lady“ angesprochen wird, zum anderen aber den Ehemann ihrer Gattin Portia (Hollie Sullivan) spielt, geht der Geschlechtertausch nicht auf. Verwirrend ebenfalls, warum Brutus – und er bzw. sie allein – einige Monologe in lupenreinem Deutsch vorträgt: “it must be by his death“, dann „es muss durch seinen Tod geschehen“. Ist es eine Art Hilfestellung für das deutschsprachige Publikum im Globe? Sehr positiv fällt Nathan Banks auf. Sein Cassius hat Feuer und Überzeugungskraft. Er ist zweifelsohne der beeindruckendste Schauspieler an diesem recht unspektakulären Abend.