Übrigens …

Zwei Herren aus Verona im Globe Theatre Neuss

Wenn Körper reden

Die beiden jungen „Herren“ sind wahrlich keine „Gentlemen“. Es sind zwei junge Heißsporne, die nur spielen und ihren Gefühls-Spaß haben wollen – in und mit der Liebe. Verrückt sind sie und voll überquellender Energien. Und so intensiv befreundet, dass sie sich, wenn sie sich ihrer Gefühle versichern, mit Armen und Beinen geradezu ineinander verkeilen – als sei`s eine flotte Zweierbeziehung.

Das geht so lange gut, bis die Liebe sie entzweit. Bis Proteus sich in Silvia verbeißt, Valentins heiß geliebte Schönheit, sie fast vergewaltigt – ehe ihm der gehörnte Freund am Ende sogar Absolution erteilt. Kurz zuvor war Proteus vor Reue fast im Boden versunken. In einen Boden, der im Neusser „Globe“ übrigens, im wahrsten Wortsinn, doppelbödig ist: Die Spielebene bricht auf, spült Figuren an die Oberfläche und lässt sie wieder abtauchen. Löcher und Abgründe überall. Nichts ist hier verlässlich, Gefühle schon gar nicht.

Kein Wunder, bietet Sir Williams an eine moderne TV-Soap erinnernde Komödie Zwei Herren aus Verona, ein von den Bühnen stiefmütterlich behandeltes Stück, doch gleich mehrere Spielebenen, auf denen Freundes-Treue und ernsthafte Liebe Schiffbruch erleiden.

Doch der Reihe nach. Zu Beginn sind Valentin (Leonard Scheicher) und Proteus (Felix Strobel) beste Freunde. Noch, denn noch kennt Proteus Silvia (Gaia Vogel) nicht, Valentins geliebtes Goldstück. Dass sie, die ihren Valentin geradezu hymnisch verehrt, dem reichen, aber über alle Maßen hässlichen Thurio (Jonathan Kutzner) versprochen ist – wen kümmert‘s in einem Liebesspiel, in dem ein Sir William zuschlägt und die Welt in seinem Sinne formt.

Nun muss man wissen, dass Proteus, kaum hat er Valentins vergötterte Silvia erblickt und sich in sie verschossen, seine zuvor maßlos geliebte Julia von jetzt auf gleich gefühlsmäßig „entsorgt“. Doch die (Annemarie Brüntjen) gibt nicht auf und bleibt dem Hallodri, in einer Art Ritterrüstung zum lächerlichen Helden mutiert, auf den ungetreuen Fersen. Dass es ein Happy End für alle gibt, sei – falls überhaupt nötig – freilich schon verraten.

Lassen wir nun mal alle Erbsenzählerei beiseite. Dann ist das, was ein geradezu mitreißend agierendes Septett aus Berlin im „Globe“ zu bieten hatte, von einer derartigen Frische und Frechheit, von einer solch mitreißenden Körperlichkeit und witzigen Leichtigkeit, dass einem schwindlig werden konnte. Den Riesenspaß hat übrigens Veit Schubert, Mitglied des „Berliner Ensembles“, animiert durch den Hausherrn Claus Peymann, mit Studenten der „Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch“ auf die Bühne geworfen. Chapeau!

Komik und Rasanz sind hier Trumpf und erweisen sich als Unterhaltungs-Gold eines fantasievoll und körperlich bedingungslos agierenden Menschen-Theaters. Eine Garde junger Schauspieler und Schauspielerinnen spielt in dieser Shakespeare-Komödie geradezu um ihr Bühnenleben – und erklimmt gemeinsam den Olymp köstlichster Lockerheit. Denn kaum eine Sekunde vergeht, in der sich nicht Mimik und Körperspannung, Komik und Ironie in überschlagender Bewegung befinden. Es ist zudem ein Spaß, der purem Klamauk ein kunstvolles Schnippchen schlägt und den Besucher nach kaum zwei Stunden vergnügt und beschwingt ins vom Starkregen aufgeweichte Terrain der Neusser Galopprennbahn entlässt.