Übrigens …

Meine Schwester Sheherazade im Schauspielhaus Düsseldorf

Eine Stadt versank im Meer

„Sheherazade“ – ein Name aus einer fernen, einer märchenhaften Zeit. Er führt in die Welt von „Tausendundeiner Nacht“. In diesen Tagen, zu Beginn der Spielzeit am Düsseldorfer Schauspiel, lockte der rätselhafte Mädchenname ins pickepacke volle Junge Schauspiel am Rande der Stadt. Selbst Schauspielhaus-Intendant Winfried Schulz, der Neue an der Düssel, ließ es sich nicht nehmen, beim Start seines „jüngsten Kindes“ dabei zu sein.

Er verfolgte, wie die begeisterten „Kinder ab 6“ und die vielen weit älteren, eine Reise, in der Dunya mit Meiner Schwester Sheherazade unterwegs ist. Dunja (Maria Perlick) „die in der Welt Geborene“, zieht mit der „in der Stadt Geborenen“ (Julia Goldberg) zum imaginären Königshof, wo die beiden die Strenge und Tyrannei der Mächtigen zu besiegen hoffen.

Autorin Mathilda Fatima Onur, deren Wurzeln hörbar nicht weit entfernt von der Welt ihrer Heldinnen gründen dürften, hat eine Geschichte für das Geschwisterpaar erfunden, die Grete Pagan auf die vielstufigen Spiel-Ebenen der weiten Bühne (Lena Hinz) übertrug.

Die Heimatstadt der Schwestern verschwand, so die Mär, auf Befehl und zum Pläsir des Königs, in den Fluten eines Sees. Mit Schwester Dunja macht sich die gegen das Vergessen kämpfende Sheherazade auf den Weg an den Königshof, wo mittlerweile der Sohn des Stadt-Vernichters die Herrschaft ausübt. Ein Einfallspinsel ist der, dabei auch feige und tyrannisch.

Er bringt sie dazu, ihre Geschichten zu erzählen. Sie tun’s – und das märchenhafte Drama wird Bild. Die Geschichten müssen erzählt werden, denn wenn die Welt nichts vom Schicksal der in den Fluten versunkenen Stadt erfährt, von ihren Häusern und Gärten, Blumen und Tieren, erkranken die einst dort lebenden Menschen und sterben. So heißt denn auch das Motto des Stücks: “Wer erzählt, der überlebt“.

Diese Menschen zu retten, ihre Leben lebendig zu erhalten, entwickelt Sheherzarade phantastische Bilder, die schließlich die Menschlichkeit an den Herrscherhof zurückbringen. Musik gehört dazu, Nebel und Wind spielen ihr Spiel, eine Unterwasserhexe (Alessa Kordeck) ruft Schrecken hervor, ein Fischkönig (Alexander Steindorf) treibt sein Wesen, der Kleine König (Bernhard Schmidt-Hackenberg) macht seine Faxen. Gleichwohl gelingt es der Regie nur selten, die phantastischen, in Worte gekleideten Bilder im Kopf Sheherazades, in wirklich überzeugende inszenatorische Szenen zu „übersetzen“. Die Hoffnung, ein auf modern getrimmtes Märchen – schließlich steckt in Onurs Stück auch heftige Kritik an den Mächtigen – überzeugend und ohne Märchenverlust zu erleben, trog letztlich.

Den Kindern gefiel’s. Dem quirligen Schauspieler-Quintett galt ihre ganze Begeisterung. Der auf sie draußen wartende Saft und die ebenfalls vom Hausherrn gestiftete Currywurst trugen noch zur allgemeinen Zufriedenheit bei.