Übrigens …

Die Opferung des Gorge Mastromas im Köln, Schauspiel

„Bereue nichts, niemals, nie.“

Dennis Kelly, geboren 1968 als Sohn irischer Eltern in London, studierte Drama und Theater am Londoner Goldsmiths College. 2003 kam sein erstes Stück Schutt, das von einem Vater handelt, der sich selber kreuzigt, in London zur Uraufführung. Mit Waise“ (2007) gelang Kelly der Durchbruch. 2012 fand die Uraufführung von Die Opferung des Gorge Mastromas statt - theater:pur berichtete hier.

Ein Stück, das sich um die Frage dreht, was den Menschen in seinem Handeln bestimmt: Güte oder Feigheit? Den moralisch korrekten Weg wählen oder mit Hilfe von Lüge und Manipulation den eigenen Erfolg suchen?

Der junge Gorge Mastromas ist das Ergebnis eines nicht von Zuneigung geprägten Geschlechtsaktes seiner Eltern. Vier Mitglieder des Kölner Ensembles treten – in römische Togen gekleidet und mit Lorbeer bekränzt - auf die Bühne, deren größter Teil durch Folien verdeckt ist. Sie erzählen abwechselnd, was sich in Gorges ersten 30 Jahren tat. Wie er immer den moralisch richtigen Weg ging. So unterstützte er seinen von allen angefeindeten Schulfreund Paul, obwohl das auch seinen Status in der Klasse minderte. Auch einen Seitensprung während einer längeren Beziehung beichtete er seiner Freundin, die ihn darauf verließ. Henning Nierstenhöfer begleitet, untermalt, akzentuiert diese Berichte, die zum Teil auch gespielt werden, musikalisch. Gorge ist nett, anständig und nicht glücklich. Mit 30 Jahren ändert er sein Leben und sein Verhalten radikal. Die Folien auf der Bühne werden heruntergerissen und das wirkliche Spiel beginnt. Er übernimmt ein bankrottes Mittelstandsunternehmen, verrät seinen Chef, der ihm vertraute, und startet eine beispiellose Karriere. Lügen und Skrupellosigkeit bringen ihn ganz nach oben. Er wird einer der reichsten und mächtigsten Männer im Lande. Auch privat verfolgt er diese Handlungsweise: Als er sich in Louise verliebt, die ihn zunächst abweist („Ich bin ein gebrochener Mensch, Louise – deinetwegen“), nutzt er ihre Schwäche (sie ist von ihrem Vater sexuell missbraucht worden) aus, indem er eine eigene Leidensgeschichte ähnlicher Couleur erfindet. Sie ist natürlich noch extremer und er schreibt darüber ein Buch, welches zum Bestseller wird. Die Hochphase in Gorges Leben wird bedroht durch das Auftauchen seine Bruders Sol. Er ist so ganz anders als Gorge. Hat im Leben so ziemlich alles, was ging, in den Sand gesetzt. Und ist dennoch entschlossen, den mächtigen Bruder ob der Verleumdung des Vaters in seinem Buch zu strafen: „Ich will, dass du für deine Taten bezahlst. Du bist das Böse.“

Es ist ein Abend, der zunehmend an Spannung gewinnt. Alle Schauspieler überzeugen in verschiedenen Rollen, wobei Robert Dölle Gorge auf dem Höhepunkt seines Lebens gibt – eitel, von seiner Unantastbarkeit überzeugt. Stefko Hanushevsky glänzt als Sol, der sich von dem Imponiergehabe des großen Bruders nicht beeindrucken lässt. Annika Schilling spielt alle Frauenrollen und bleibt als Louise in Erinnerung. Justus Maier stellt den jungen Gorge dar und am Ende den unerwartet auftauchenden Enkel Gorges, von dem dieser nichts wusste. Er ist das Ergebnis eines One-Night-Stands seines Großvaters. Es bleibt offen, ob sich diese beiden so gegensätzlichen Männer noch einmal begegnen werden.

Regisseur Rafael Sanchez ist auf jeden Fall eine intensive Inszenierung gelungen.