Übrigens …

Ab jetzt im Köln, Theater am Sachsenring

Dienstroboter, vermenschlicht

Das war so richtig was für den Elften im Elften, den Kölner Karnevalsauftakt: eine Komödie von Alan Ayckbourn. Die erste im reichen Schaffen des englischen Buffo-Dramatikers hieß The Square Cat (1959), die offenbar bislang letzte„Awaking Beauty (2008). Nun hatte der Autor einige Zeit zuvor einen Schlaganfall, was ihn seine Aktivitäten einschränken ließ. Gleichwohl ist er mit seinen über 70 Stücken einer der aktivsten Stückeschreiber und erfolgreich auf vielen, vielen Bühnen. Die Interpretennamen, welche sein 1987 geschriebenes Stück Henceforward begleiten, sind prominent.

Der Autor selber inszenierte die Uraufführung am Stephen Joseph Theatre in Scarborough. Zwei Jahre später folgte die Deutsche Premiere am Berliner Kurfürstendamm. Regie führte immerhin Peter Zadek, welcher zusammen mit Corinna Brocher auch die Übersetzung besorgte (Titel: Ab jetzt). Zuletzt konnte man die Komödie am Hamburger Schauspielhaus erleben, in Szene gesetzt von Karin Beier. Ob das Stück auch an einer reinen Boulevardbühne reüssieren würde, ist schwer zu entscheiden. Mit Blick auf Köln: das Theater am Dom könnte sich des Autors durchaus mal bedienen, der jenseits von vordergründigem Spaß auch gerne etwas in die Tiefe lotet.

Ab jetzt ist freilich nicht unbedingt die beste Komödie Ayckbourns, obwohl thematisch und sozialkritisch sehr engagiert. „Irgendwann bald“ lautet die Zeitangabe. Klingt schon mal wie eine dämonische Warnung, in etwa vergleichbar jener von George Orwells apokalyptischem Roman 1984. Die Zeitangabe im Titel ist nicht weit vom Entstehungsjahr des Ayckbourn-Stückes entfernt. Die heutige Vernetzung per Internet war in ihrer krassen Form damals allerdings noch nicht absehbar.

Inhalt: der Komponist Jerome hat sich, seit seine Frau Corinna mit Tochter Geain das Weite suchte, in seiner digital durchorganisierten Wohnung verbarrikadiert, versucht Musik auf elektronischem Wege herzustellen, weil ihm seine Inspiration nichts (mehr) eingibt. Er denkt an goldene Zeiten zurück, versucht sie in kalten Klängen wieder einzufangen. Eine gemietete Actrice soll als neue „Verlobte“ helfen, der Verflossenen neues Glück vorzugaukeln, auch um behördlich genehmigten Kontakt zu seiner Tochter zu ermöglichen.

Zoe – so heißt die verschrullte Möchtegern-Schauspielerin - lässt sich allerdings nur zögerlich auf die angebotene „Rolle“ ein, stimmt dann aber zu und wird sogar Jeromes Geliebte. Doch mit ihrem Lover kommt sie nicht zurecht und verlässt ihn. Ihre angenehmen Eigenschaften programmiert Jerome auf den Roboter Gou, welcher seine Wohnung in Ordnung hält. Mensch und Maschine gehen eine kuriose Liaison ein, was Geain beeindruckt, als sie mit ihrer Mutti eintrifft, die in Anwesenheit einer Vertreterin des Jugendamtes Besuchsrechte klären möchte. Die einstigen Eheleute nähern sich wieder einander an, aber dann verheddet sich Jerome wieder in seinem technischen Krimskrams. Düsternis also in komödiantischem Rampenlicht. Auf der Bühne zuletzt nur noch die beiden Roboter: der industriell hergestellte mit menschlichen Zügen und der in technischer Abhängigkeit erstarrte homo sapiens.

In der zweiten Vorstellung wurde reichlich gelacht, auch an unpassenden Stellen. Dazu wäre entschuldigend zu sagen, dass es Ayckboun, zumal im zweiten Teil, nicht recht gelingt, Klamauk und Ernst auseinander zu halten. So wird die Anbahnung neuer (bzw. alter) Gefühle zwischen Corinna und Jerome reichlich sentimental entwickelt. Fast schon gänzlich unter Niveau und banal wirkt die Figur der dümmlichen und total verkabelten Vertreterin des Jugendamtes. Soll damit „Apokalypse now“ angedeutet sein?

Die Inszenierung des Sachsenring-Chefs Joe Knipp versteht sich auf lachfördernde Effekte und nutzt die kleine, von Hannelore Honnen sinnfällig ausgestattete Bühne absolut wirksam. Vor allem jedoch lebt die Aufführung von Heike Huhmann. Sie spielt die „echte“ Zoe nuancenreich, mit einem unglaublich reichen Kaleidoskop an Emotionen, ist mal gehemmt, mal offensiv. Einfach zum Umarmen. Ihren Charakter variiert sie später in stereotyper Weise als neu programmierter Roboter. Charlotte Welling wiederum wechselt von diesem zu Corinna, von welcher man gerne einige Zwischentöne mehr hören würde. Anna Maria Wasserberg schlägt sich mit der ziemlich verrutschen Figur der von Kopf bis Fuß verkabelten Beamtin vom Jugendamt herum (immerhin virtuos), das maulende Töchterlein gibt Franziska Seifert. Richard Hucke kennt und schätzt man als Rundfunksprecher am Westdeutschen Rundfunk. Seinem Jerome hört man diesen Job ein wenig an. Hucke scheint in der Rolle – mal mehr, mal weniger erregt – Nachrichten zu lesen. Ein aus der Bahn geworfener Charakter ist kaum erkennbar.