Übrigens …

Frau Luther kocht im Köln, Freies Werkstatt-Theater

Die Frau an seiner Seite

Ein gewichtiges Luther-Jahr steht vor der Tür. Vermutlich wird eine Lawine von Buchveröffentlichungen und filmischen/theatralischen Ereignissen über uns hereinbrechen. Für den Moment ist von einer Fernsehproduktion „Katharina Luther“ zu lesen, in welcher Karoline Schuch und Devid Striesow unter der Regie von Julia von Heinz die Hauptrollen spielen. Diese TV-Inszenierung interessiert im Zusammenhang mit der Uraufführung Frau Luther kocht am FWT besonders, wirft sie doch einen nachdrücklichen Blick auf die „Frau an seiner Seite“, nämlich Katharina von Bora. Wer vor kurzem auf arte den 2003 von Eric Till gedrehten, leicht romantisierenden Luther-Film (Titelrolle: Joseph Fiennes) sah, muss jetzt etwas umdenken.

In diesem Streifen wird die Begegnung des Reformators mit Katharina (samt Nonnenschwestern) eher beiläufig gegen Ende geschildert. In Wirklichkeit handelte es sich jedoch um einen veritablen Exodus der Frauen aus einem Kloster, in welchem die jungen Mädchen verbarrikadiert und von der Welt abgeschieden wurden. Dies war das Schicksal vieler Frauen im 16. Jahrhundert, wo emanzipatorisches Denken noch in weiter Ferne lag. Die geflohenen Frauen baten Luther um Hilfe. Der tat sein Bestes und brachte alle unter die Haube, was existenzielle Sicherheit bot. Nur Katharina sträubte sich gegen den für sie Auserkorenen. Da Luther seinerseits von einer alten Liebe Abschied nehmen musste, fanden zwei Enttäuschte zueinander.

Eine stürmische Liebesheirat war das Ganze also nicht. Doch die Beziehung wurde emotional immer stärker und führte zuletzt in eine Ehe voller Hochachtung, aus welcher schließlich doch noch eine tiefe Zuneigung wurde. Sechs Kinder kamen auf die Welt (zwei von ihnen starben frühzeitig, von den Eltern schmerzlichst betrauert). Katharina, eine von Natur aus starke Frau, nahm im ehemaligen Augustinerkloster Wittenberg, wo das Ehepaar wohnte, Verwaltung und Bewirtschaftung der großen Länderein in ihre Hand, betrieb Viehzucht und braute sogar Bier, um ihren Mann und dessen Studenten und Gäste verköstigen zu können. Als die Pest wütete, leitete sie überdies ein Hospiz. Luther bewunderte die kraftvolle Aktivität seiner Frau, nannte sie liebevoll „mein Herr Käthe“. Nach seinem Tod geriet Katharina in Schwierigkeiten, musste mehrfach von Stadt zu Stadt ziehen. Beim Unfall mit einer Kutsche wurde sie schwer verletzt und starb wenig später.

Ihr, und nicht dem ständig kränkelnden Martin Luther, gilt der mal heiter, mal melancholisch getönte Zwei-Stunden-Abend Frau Luther kocht. Der Titel lässt eine leichte Ironie erkennen. Dass Katharina von Bora eine clevere Gastwirtin war, führt im FWT zu einem lockeren gesellschaftlichen Miteinander der Zuschauer. Man sitzt an sauber gedeckten Tischen und wird von Katharina alias Barbara Kratz kulinarisch verwöhnt. Die Speisen (auch vegetarische) werden in eigens nachgebauten historischen Kochzubern erhitzt, der elektrische Strom ist freilich eine Zutat des 20. Jahrhunderts. Auch in die Monologe Katharina fließen Anspielungen auf Hier und Heute ein. Die allgemeine Mahlzeit samt Weinkonsum (Luther: „Im Trockenen kann der Geist nicht wohnen“) lässt in der Aufführung eine Pause entstehen, in welcher sich die Protagonistin, von Tisch zu Tisch schreitend, mit ihren Gästen unterhält.

Katharinas Lebensbericht wird solcherart zu keinem strengen biografischen Referat, sondern ist ein humorvoller Rückblick, der freilich auch seine düsteren Momente hat. Immerhin war Katharina von Boras Dasein ein ständiger Kampf gegen die Unterdrückung des weiblichen Geschlechts, das von Martin Luther ein Auflehnen gegen fragwürdige Obrigkeiten, besonders im klerikalen Bereich.

Von einer Inszenierung im engeren Sinne (Diana Anders) kann beim FWT-Abend nicht gesprochen werden. Barbara Kratz, in der Präsentation von One-Woman-Show bestens erprobt (Orlando, Die fromme Helene, Alexandra - Das Comeback u.a.), dominiert von sich aus. Sie beginnt als sie selber, schlüpft dann in Katharinas historisches Kostüm, welches sie zum Schluss wieder abstreift. Nach dem Premierenbeifall blieb das Publikum noch geraume Zeit beieinander.