„Alle Menschen treibt es ans Wasser. Das Festland verbrennt ihnen die Füße.“
Im Studio des RLT Neuss hatte die Bühnenversion des Romans „Moby Dick“ von Herman Melville Premiere. Ulrich Hub hat Melvilles Werk mit seiner ausschließlich aus Männern bestehenden Schiffsbesatzung verdichtet und lässt die Ereignisse an Bord der „Pequod“ von Frauen erzählen. Regisseurin Nina de la Parra lässt ihre vier Schauspielerinnen in weißen, luftigen Kleidern, zu Beginn auch mit weiß geschminkten Gesichtern, auftreten, im Programmzettel „Prinzessinnen des Meeres“ genannt. Sie berichten mit den Mitteln von Schauspiel, Musik und Tanz die Geschichte des unbarmherzigen Kapitäns Ahab, der mit seinem Walfängerschiff den legendären weißen Wal Moby Dick jagt, der ihm sein rechtes Bein abgerissen hat. Seine bunt zusammengewürfelte Mannschaft – u.a. der vernünftige Steuermann Starbuck, der tapfere Stubb und der kleine Pip – muss ihn auf seinem gnadenlosen Rachefeldzug unterstützen. Ob sie wollen oder nicht.
Schon bei Einlass sitzen die Schauspielerinnen – Katharina Dalichau (Starbuck), Johanna Freyja Jacono-Sembritzki (Flash und Pip), Alina Wolff (Stubb), Hergard Engert (Ahab) – auf der Bühne. Von Metallstäben eingerahmte Glaswände verschiedener Form und Größe stellen das Bühnenbild dar. Mit wenigen Handgriffen lassen sich unterschiedliche Plätze auf einem Schiff plastisch anzeigen, so z.B. der Ausguck. Es wird eindringlich vermittelt, wie die Anspannung an Bord zunimmt, u.a. wenn die Männer, angetrieben von Ahab, sich heftig in die Riemen legen. Beeindruckend auch die Schilderung des blutigen Geschäfts des Walfangs. Hergard Engert überzeugt als Kapitän Ahab. Verbiestert, von Hass und Rachegefühlen erfüllt, verzerrt sie ihr Gesicht so, dass diese heftigen Gefühle greifbar werden. Das Publikum wird von ihr direkt mit der Aufforderung „Tötet Moby Dick!“ einbezogen. Der Sturm, der das Schiff in höchste Gefahr bringt, spiegelt sich in ihrem heftigen Gefühlsausbruch. Das überwiegend junge Publikum folgte bei der Premiere dem Geschehen auf der Bühne konzentriert und gebannt.
Nina de la Parra ist eine fesselnde, anschauliche und durchaus altersadäquate Inszenierung gelungen.