Manches ändert sich nie: Theater gestern und heute
Auch in der zweiten.Spielzeit des Intendanten Wilfried Schulz findet eine der Eröffnungspremieren in einem Theaterzelt statt. Eine aus der Not geborene Lösung, ist doch die Sanierung des Schauspielhauses am Gustaf-Gründgens-Platz immer noch nicht abgeschlossen. Doch gerade für die turbulent-witzige Komödie The Queen’s Men der ideale Spielort.
Das große Zirkuszelt steht dieses Jahr neben den Rheinterrassen. Bei Sonnenuntergang, kurz vor Vorstellungsbeginn, hat man einen malerischen Blick auf den Rhein und die gegenüberliegende Silhouette des Stadtteils Oberkassel. Froh gestimmt betritt man das Theaterzelt. Die Zuschauer sitzen im Halbrund und schauen auf eine Bühne, die nicht zufällig an das Globe in London erinnert.
Geht es doch in dieser turbulenten Komödie über William Shakespeare und manch historisches Ereignis aus der Zeit Königin Elisabeth I. um Schauspieler und den ganz alltäglichen Theaterwahnsinn. Den es heute genauso gibt wie damals.
Schauspieltruppen führten zu Shakespeares Zeit ein Nomadenleben, eben Tourneetheater. Der Schritt in Richtung eines öffentlichen Theaters in einer Stadt bot eine Möglichkeit, mit einer sesshaften Existenz auch ein besseres Einkommen zu haben. Shakespeare und seine Truppe, die Lord Chamberlain’s Men, führten ihre Stücke im Globe auf, einem Theater in London, das von einer kleinen Gruppe von Investoren, darunter auch Shakespeare, finanziert worden war. Der Hunger nach ständig neuen Stücken war groß. Das Globe allein fasste mehr als 3000 Zuschauer, die immer neue Aufführungen sehen wollten. Shakespeare war da der richtige Mann, entweder mit Werken aus eigener Feder oder in Zusammenarbeit mit anderen.
Peter Jordan hat seine Komödie mit vielen Bezügen zur Situation des Theaters in jener Zeit gespickt, natürlich auch mit Shakespeare-Zitaten, die jedermann kennt. So der berühmte Dialog zwischen Romeo und Julia, ob es nun die Lerche oder noch die Nachtigall sei, die das Treffen der Liebenden beendet – im Stück sind es der charmant-chaotische Shaunessy Williams (Moritz Führmann brilliert in der Rolle des Kopfs der Truppe) und die Königin selbst (Hanna Werth).
Der Abend erzählt nur lose die Geschichte der Schauspieltruppe, die im London um 1560 ums Überleben kämpft. Ständig damit rechnend, dass ihr neues Stück „Hamlet zaudert“ durchfallen könnte. Oder bedroht vom Existenzkampf mit der konkurrierenden Schauspielgruppe vom Cube Theatre um Sellafield (Jan Maak). Höchst vergnüglich die alltäglichen Sticheleien zwischen den Schauspielkollegen, wobei Wolfgang Reinbacher ein besonderes Lob für seinen senilen, eitlen Sir John auszusprechen ist. Immer wieder schreckt er aus einem Dämmerzustand auf und zitiert selbstgefällig Textpassagen aus seiner glorreichen Vergangenheit. Was den Kollegen sehr auf die Nerven geht. Manch ein Zitat verweist auch auf die aktuelle Situation in Düsseldorf („Da kaufen wir uns ein Haus und renovieren es.“) So auch der Appell „Die Kunst muss frei bleiben“ oder das Statement „Theater ist ein Spiegel der Gesellschaft“. Musikalische Einlagen lockern den Reigen der Szene zusätzlich auf, sei es eine Square Dance-Einlage oder der ans Gemüt rührende Vortrag des alten Volksliedes „Greensleeves“. Hanna Werth besticht hier mit ihrem Gesang wie auch mit ihrem Spiel.
Jordan und Koppelmann können sich auf ein äußerst spielfreudiges Ensemble verlassen, das sich mit Elan in immer neue Kostüme und Perücken wirft und auch in Fechtszenen eine gute Figur macht. Zu nennen sind noch: Kilian Land, Serkan Kaya, Sven Gey, Steffen Lehmitz, Jonas Hackmann, Yascha Finn Nolting und Orlando Lenzen.
Durchaus immer noch höchst aktuell ist, dass das Theater Dinge ausspricht, die den Oberen nicht immer genehm sind. Und dass es ein Ausdruck der kulturellen Vielfalt in der Gesellschaft sein sollte. Und jeder der Zuschauer, der nach gut drei Stunden begeistert das Zelt verlässt, unterschreibt bestimmt das Statement: „Eine Welt ohne Theater wäre eine arme Welt.“