Der Mann ohne Vergangenheit im Bochum, Schauspielhaus

Melancholie, Stille und skurrile Figuren

Aki Kaurismäki erzählt in seinem Film Der Mann ohne Vergangenheit (2002) eine Art modernes Märchen. Der Protagonist, M, hat nach einem Überfall sein Gedächtnis verloren. Er kann sich weder an seinen Namen und seinen Beruf erinnern, noch an seine Herkunft. In einer Containersiedlung am Hafen wird der Fremde selbstlos aufgenommen und gepflegt. Von einer Gemeinschaft, die sich durch Verantwortungs- und Mitgefühl auszeichnet. Eine recht bunte Versammlung skurriler Typen, die M Freundschaft und Liebe gerade dann zukommen lassen, wenn er alles verloren hat.

Christian Brey hat in Bochum eine Komödie nach Kaurismäkis Film auf die Bühne gebracht. Wobei es ihm nicht um eine Eins-zu-Eins-Umsetzung des Films geht. Aber, so Brey: „Das, was für Kaurismäki typisch ist - Melancholie, Stille, skurrile Figuren -, gibt es auch bei uns“. Die Personenzahl des Films musste verdichtet werden, die Handlung wurde „entschleunigt“, so die Dramaturgin Annelie Matheis. Der Abend beginnt bei geschlossenem Vorhang. M (Michael Kamp spielt ihn wunderbar stoisch) drängelt sich durch eine Reihe im Zuschauerraum hin zu einem freien Platz. Ein bulliger Typ mit Baseballschläger und Sturmhaube verjagt ihn. Dieses Spiel wiederholt sich einige Male. M verschwindet hinter dem Vorhang. Als dieser sich öffnet, sehen wir ihn zusammengeschlagen im Schnee liegen.

Breys Inszenierung spielt sich in einem recht bunten Schiff ab, das auf Grund gelaufen zu sein scheint. Die Innenausstattung weist viele witzige Details auf, so die Tapete in einem der Zimmer, deren Muster aus Fischgräten besteht. Ein dreiköpfige Band in roter Heilsarmeeuniform (Tobias Coster, Volker Kamp, Ralf Neuhaus) spielt häufig melancholische und sentimentale Songs von Nothing ever happens bis zu La Mer. Mag der Regisseur es doch, wenn auf der Bühne gesungen wird: „Musik als Emotionsträger ist einfach unschlagbar.“ Viele kurze Einzelhandlungen werden slapstickartig unzählige Male wiederholt. So Versucht Antilla („die Peitsche Gottes“) immer wieder vergeblich, eine Art Hühnerleitertreppe hinaufzusteigen. Ronny Miersch spielt den Vermieter mit dem markanten Kinn trocken-humorvoll.

Der Abend wird jedoch arg in die Länge gezogen und auf drei Stunden gedehnt - im Gegensatz zum Film, der nur 90 Minuten dauert. Zunächst unterhalten die Sketche noch, später verpufft ihre Wirkung. Nur ein paar Zuschauer sind scheinbar wild entschlossen, jeden Gag mit einem Lacher zu honorieren.

Das Ensemble schlägt sich wacker, zu nennen wären noch Juliane Fisch, Benjamin Grüter, Kira Primke, Bernd Rademacher und Kristina Peters.

Der Abend unterhält in mancher Hinsicht durchaus. Er übernimmt auch die für Kaurismäki knappen Dialoge der Filmvorlage. Verliert aber an Wirkung durch zu viel Klamauk und unnötige Wiederholungen.