Melancholia im Bochum, Schauspielhaus

„Auf das Leben!“ – mehr ein Hilfeschrei als ein Jubelruf?

Lars von Trier stellt die depressive Justine in den Mittelpunkt seines Endzeitfilms (2011). Die junge Frau sieht das Ende der Welt durch die Kollision mit einem anderen Planeten voraus. Ihre Hochzeit mit Michael wird von ihrer Schwester Claire und ihrem Schwager John ausgerichtet. Noch während der Feierlichkeiten, die nicht gerade harmonisch verlaufen, streiten sich Justines geschiedene Eltern, fordert ihr Chef Jack einen neuen Werbeslogan für die Agentur, in der sie arbeitet - von allen Seiten wird Druck auf sie ausgeübt. Was ihre Depression nur fördert.

Die Regisseurin Johanna Wehner hat eine beeindruckende Umsetzung der Filmthematik auf die Bühne gebracht. Wobei vor allem das von Volker Hintermeier geschaffene Bühnenbild besonders im Gedächtnis haften bleibt. Im Gegensatz zu von Triers Film, in dem der Planet Melancholia mit der Erde kollidiert und alles Leben auslöscht, sehen wir in Bochum schon zu Beginn eine riesige verkohlte Erdkugel auf der Bühne. Ansonsten gibt es dort nur einige Leuchtstelen, die ab und an strahlen. Am hinteren Bühnenhimmel ist ein Rund von Scheinwerfern montiert. Wenn sie voll aufblenden, kann man sich gut den herannahenden Planeten Melancholia vorstellen.

Zu Beginn stolpert eine kleine Gruppe von links auf die Bühne, scheinbar verwirrt und unsicher. „Auf das Leben.“ „Worauf freuen wir uns?“ „Ich hab ein bisschen Angst.“ Mal sprechen einzelne Personen, dann wieder alle im Chor. Ein Trüppchen vereinzelter Menschen, die keinen wirklichen Kontakt zu einander haben. Dabei ist die Hochzeitsgesellschaft von Justine (Kristina Peters) und Michael (Matthias Eberle). Sie sind jedoch gar nicht das glückliche Paar, wie es die anderen von ihnen erwarten. Justine: „Das Problem ist, dass ich nicht glücklich bin.“ Claire (Johanna Eiworth spielt Justines Schwester) will unbedingt alles unter Kontrolle haben. Ihr Mann John (Michael Kamp) wird nicht müde, Justine die enormen Kosten des Festes vorzuhalten. Justines Vater (Heiner Stadelmann) lächelt permanent und scheint nicht ganz präsent zu sein. Vergisst er doch immer wieder den Namen seiner Tochter. Anke Zillich gibt ihre Mutter, die Hochzeiten hasst. Jack (Mark Oliver Bögel), Justines Chef in der Werbeagentur, will sie zur Artdirektorin befördern, erwartet aber als Gegenleistung sofort einen griffigen Slogan für die nächste Kampagne. Justine versinkt ob der von allen Seiten an sie gestellten Ansprüche immer mehr in ihrer Depression. Sie kündigt ihren Job, betrügt ihren Mann mit einem jungen Kollegen und wird daraufhin von Michael verlassen.

Ein alles andere als positiv stimmender Abend. Die häufig wiederholten Phrasen ermüden. Die Ergänzung des Bochumer Ensembles durch die inklusive freie Theatergruppe dorisdean ist zu hinterfragen. Menschen im Rollstuhl betonen den düsteren Charakter des Abends. Sie spielen wie alle anderen ihre Rolle. So weit, so gut. Aber warum gerade in einer Inszenierung, die das Fehlen von Mitmenschlichkeit, von echten Gefühlen zum Thema hat?

Ein interessanter, ein anstrengender Abend.