Übrigens …

Die Mitwisser im Schauspielhaus Düsseldorf

Wenn künstliche Menschen die Herrschaft übernehmen

Die Hauptrolle in Philipp Löhles Stück Die Mitwisser spielt ein Gerät, ohne das die allermeisten Zeitgenossen seit Jahren nicht mehr auszukommen glauben: Das Smartphone. In Zeiten, in denen sich Facebook-Chef Mark Zuckerberg vor dem US-Kongress für Daten-Sammelei und Daten-Weitergabe verantworten muss, wo jedermann vor der Menge der auf ihn zugeschnittenen Werbeanzeigen für Reise- oder Konsumartikel auf seinem Laptop schaudert, hätte man bei der Uraufführung am Samstagabend im Schauspielhaus Düsseldorf einen interessanten und kritischen Theaterabend erwarten können.

Indes: Das Stück in der Regie von Bernadette Sonnenbichler im Kleinen Haus der Übergangsspielstätte Central blieb leider nur sehr antiquiert und konnte mit seinen 105 Minuten Dauer, die gefühlt deutlich länger zu sein schienen, nicht überzeugen. Dabei lag es sicherlich nicht am Text des Autors Philipp Löhle, der das Stück als Auftragsproduktion für das Schauspielhaus Düsseldorf geschrieben hat. Es war die Umsetzung durch die Regie auf der an eine Barbie-Puppen-Bühne erinnernden Szenerie, die sich zu wenig getraut hat. 

Die Geschichte ist schnell erzählt: Theo Glass (Sebastian Tessenow) arbeitet als Enzyklopädist in einem Institut. Und er legt sich - völlig kostenlos - ein Smartphone zu in Gestalt eines künstlichen Menschen, der ihm einfache oder unbequeme Arbeiten abnehmen soll. Diese „Maschine“ namens Kwant (Florian Lange) nistet sich in der Wohnung von Theo ein, verkauft dem und seiner Frau Anna (Tanja Schleiff) ganz nebenbei allerlei unnützes Haushaltsgerät und übernimmt nach und nach Theos Job, weil er als Maschine schon alles weiß, was der sich mühsam zusammen suchen musste.

Im Verlauf des Stücks tauchen dann immer mehr Kwants auf der Bühne auf, die die Herrschaft übernehmen, allesamt miteinander verknüpft und verkabelt sind. Sie wissen im Voraus, was die Menschen denken, wollen oder fühlen und können sie so ohne Ende manipulieren. Dagegen auflehnen geht nicht, weil die Kwants inzwischen auch die Kontrolle über die Kontrolleure übernommen haben. Zwischendurch gibt es noch ein paar im Grunde überflüssige Personen, die mit Theos Kreditkarte gefährliche Dinge kaufen und am Ende bringen die Kwants sogar Kwant-Babys zur Welt.

Schade, dass all das so vorhersehbar ablief auf der Bühne wie der Durchschnitts-„Tatort“ in der ARD. Löhle selbst nennt im Programmheft von Die Mitwisser sein Stück „eine Idiotie“. Als Orte der Handlung werden im 78seitigen Heftchen „Davor und Dahinter“ angegeben. Zur Zeit der Handlung heißt es dort: „Dieses Stück Science Fiction spielt in der Vergangenheit“. Dort hätte man diese Inszenierung auch belassen können. Bleibt zu hoffen, dass die in wenigen Wochen in Düsseldorf anstehende Premiere von George Orwells 1984 gegenwärtiger und packender auf der Bühne zu erleben sein wird.