Die schmutzigen Hände im Köln, Schauspiel

Von der Triebfeder des Handelns

Das Stück spielt in einem fiktiven osteuropäischen Land, Illyrien, das am Ende des zweiten Weltkrieges von Faschisten besetzt ist. Hugo, ein junger, aus dem Bürgertum stammender Intellektueller, schließt sich der kommunistischen Partei an, um seinem quälenden Gefühl privaten und gesellschaftlichen Sinndefizits endlich Taten folgen zu lassen. Als die Partei die Ermordung des hohen Funktionärs Hoederer plant, der mit seinen Gegnern der bürgerlichen und nationalistischen Partei kollaborieren will, übernimmt Hugo freiwillig diese Aufgabe. Als Sekretär tritt er in Hoederers Dienste und zieht mit seiner Frau Jessica in dessen gut bewachtes Haus ein. Immer wieder jedoch lässt er die Gelegenheit zum Mord verstreichen. Der unerfahrene Idealist ist dem Realpolitiker Hoederer nicht gewachsen. Die politische Verantwortung, die Hugo übernommen hat, weicht zunehmend einer privaten, individuellen Wahrnehmung seines Opfers. Am Ende bringt Hugo Hoederer um, aber nicht auf Grund seiner politischen Überzeugung, sondern aus Eifersucht.

 

Sartre stellt in seinem Stück die Frage nach der politischen Verantwortung des Einzelnen gegenüber der Gesellschaft ins Zentrum. Schon 1948 formulierte er damit ein Problem, das uns noch heute beschäftigt. Sartres klug gebautes Kammerspiel reflektiert den Zusammenhang von Macht und Moral, Freiheit und Verantwortung.

 

Bastian Kraft inszenierte Die schmutzigen Hände am Schauspiel Köln. Seiner Meinung nach wird in diesem Werk sehr anschaulich gezeigt, wie schwierig es ist, zu entscheiden, was richtig und was falsch ist. Aufgezeigt wird auch, dass die Sozialisierung des Einzelnen und sein Freundeskreis einen bedeutenden Einfluss auf sein Handeln haben. Für Kraft stammt das Stück aus einer Zeit, in der Menschen überzeugt waren, etwas mit dem eigenen Handeln zu bewirken. Heute verfallen seiner Meinung nach viele eher in Lethargie und tun nichts, da man sich eher der Tatsache bewusst ist, dass Meinungen manipuliert werden.

 

Wolfgang Menardi hat eine Drehbühne geschaffen, die mehrere, von Spiegeln begrenzte Räume (Hoederers Wohnung und Büro) zeigt. Spiegel ermöglichen einerseits eine Selbstbetrachtung, andererseits vermitteln sie, dass es immer zwei Versionen der Realität gibt – je nach Betrachter. Durch eine ausgeklügelte live Kameraführung sehen die Zuschauer einen Film und zugleich ein Theaterstück. Jede Gemütsbewegung der insgesamt sehr guten Akteure wird übergroß gezeigt, was die Intensität und Spannung des Abends erhöht. Aber auch wesentliche Einzelheiten, so der Revolver, den Jessica (hervorragend: Sophia Burtscher) in der Hand hält. Will sie doch zunächst Hugo dazu bringen, den geplanten Mord kaltblütig zu vollstrecken. Jessica: „Ich hasse es, wenn Menschen nicht tun, was sie versprochen haben.“
Der Abend beginnt mit der Entlassung Hugos aus dem Gefängnis. Mit Hilfe von Rückblenden wird das Geschehen aufgerollt, wobei Olga (Katharina Schmalenberg), ein treues Parteimitglied, Hugo immer wieder befragt, wie es nun genau gewesen ist. Nikolaus Benda glänzt als naiver Idealist Hugo, der sich immer wieder davor scheut, den Mord zu begehen, hin- und hergerissen von unterschiedlichsten Gefühlen. Nachdem er Hoederer kennengelernt hat, hegt er sogar positive Gefühle gegenüber dem Älteren. Martin Reinke ist der charismatische Pragmatiker, der keinen Kompromiss scheut, um letztlich sein Ziel zu erreichen. Bestechend seine Darstellung dieses Mannes.
Ein überaus spannender Theaterabend mit einem hervorragenden Ensemble, zu dem auch Benjamin Höppner und Johannes Benecke gehören.

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